Zur "Batnight" sind Fledermäuse im Anflug - auch auf Kirchen

Faszinierendes Tier mit zweifelhaftem Ruf

Sie sind im Dunkeln unterwegs, zeigen sich nur selten und sind echte Flugakrobaten. Viel mehr weiß man meist nicht über Fledermäuse. Das will der Naturschutzbund mit der bundesweiten "Batnight" an diesem Wochenende ändern.

Autor/in:
Sabine Kleyboldt
Fledermaus / © Patrick Pleul (dpa)
Fledermaus / © Patrick Pleul ( dpa )

In China gelten sie als Glücksbringer, in Europa dagegen haben Fledermäuse immer noch einen eher schlechten Ruf. Dabei betätigen sich die erstaunlichen Tiere nicht als Blutsauger. Im Gegenteil schützen sie den Menschen sogar vor lästigen Insekten. Pro Nacht vertilgen sie bis zu 4.000 davon. Dennoch sind die meisten der 25 Fledermausarten in Deutschland vom Aussterben bedroht - auch, weil ihnen der moderne Mensch mit Mobilfunkmasten und Windrädern das Leben immer schwerer macht. Auch vor diesem Hintergrund bietet die internationale "Batnight" Gelegenheit, die flinken Flieger aus nächster Nähe zu erleben. Sie findet am Wochenende weltweit in über 35 Ländern statt - in diesem Jahr zum 20. Mal.

"Fledermäuse entsprechen nicht so unserem ästhetischen Empfinden, sind aber ökologisch äußerst wichtig", sagt der Leiter des Instituts für Theologische Zoologie an der Universität Münster, Rainer Hagencord. Es sei auch Aufgabe von Christen, auf die Belange dieser Tiere hinzuweisen. "Deshalb begrüße ich es sehr, dass es die Batnight gibt", so der katholische Theologe.

Warum Fledermäuse Kirchen mögen

In Deutschland wird sie vom Naturschutzbund (NABU) organisiert. Bundesweit gibt es gut 150 Veranstaltungen, von der abendlichen Schiffstour mit Fledermaus-Suchgerät "Bat-Detektor" über das bunte Fledermaus-Familienfest, die Nachtwanderung mit Fangnetz bis hin zur Inaugenscheinnahme der geflügelten Tiere im Kirchturm. Denn hier suchen die eleganten Segler gerne Unterschlupf zum Brüten und Überwintern.

"Fledermäuse bevorzugen Kirchtürme und Kirchendachstühle wegen des großen Platzangebots", erläutert Thorsten Wiegers, Sprecher des NABU-Landesverbands Nordrhein-Westfalen. "Da der Zugang verborgen ist, besteht für die Tiere die Chance, relativ ungestört zu sein." Zudem böten die Dachstühle je nach Witterung eine kühle oder eine warme Umgebung. Um diese alternativen Brutstätten zu fördern, hat der Nabu 2007 die Initiative "Lebensraum Kirchturm" gegründet. Seither erhielten mehr als 800 Kirchen bundesweit die Auszeichnung, weil sie Eulen, Turmfalken, Dohlen, Fledermäusen oder Hausrotschwänzen neue Brutmöglichkeiten eröffnen und Nistkästen aufhängen.

Gruselsymbol Fledermaus

Eine typische Kirchenfledermaus ist laut NABU das Große Mausohr, mit gut 40 Zentimetern Flügelspannweite die größte heimische Art. "Sie verbringt mehr Zeit in der Kirche als der Pastor." Ihre Aufenthaltszeit ist saisonal begrenzt, denn die Besetzung der Kirchendachstühle erfolgt meist im Sommer - und zwar von Weibchen, die dort ihre Jungen zur Welt bringen und aufziehen. In diesen großen "Wochenstuben" können sich um die 2.000 Tiere sammeln - kopfüber hängend an Dachbalken und Mauern.

Vielleicht ist es auch diese eher befremdliche Lebensweise, die die Menschen eher auf Abstand hält. Außerdem ist ihr schlechtes Image nicht totzukriegen, meint der Theologe Hagencord. "Zu Halloween greifen die Menschen gerne zum Fledermauskostüm. Damit steht das Tier wieder für eine dunkle, grausame, ekelerregende Welt - nicht besser als im Mittelalter." Andererseits gebe die Comic- und Filmfigur Batman der Fledermaus ein besseres Image: Der Milliardär Bruce Wayne schlüpft immer dann ins Fledermauskostüm, wenn er auf Verbrecherjagd geht. Er ist der Ansicht, Kriminelle seien von Natur aus ein "feiges und abergläubisches Pack". Daher soll seine Verkleidung als Fledermaus sie zusätzlich in Angst und Schrecken versetzen.

"Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?"

Außer in Film, Literatur und Naturschutz hat die Fledermaus auch zu bedeutenden wissenschaftlichen Debatten geführt. So löste der US-amerikanische Philosoph Thomas Nagels 1974 mit seinem Aufsatz "Wie ist es, eine Fledermaus zu sein?" eine Debatte über den Wissensanspruch der Naturwissenschaften aus. Tenor: Auch wenn sich der Mensch vorstellen kann, wie es ist, tagsüber mit dem Kopf nach unten zu hängen und nachts auf Insektenjagd zu gehen, wird er nie wissen, wie das für eine Fledermaus ist.

"Wir sollten Tieren nie irgendwelche Eigenschaften absprechen oder zusprechen", übersetzt der Theologe Hagencord. "Denn das kann immer nur aus unserer rein menschlichen Erlebnisperspektive geschehen."