Mecklenburg-Vorpommern vor der Wahl

Christliche Werte als Maßstab

Am Sonntag wählt Mecklenburg-Vorpommern einen neuen Landtag. Die Kirchen geben zwar keine Wahlempfehlung ab, sagt der Propst der katholischen Kirche in Vorpommern, Frank Hoffmann, aber einen Rat an christliche Wähler.

Mecklenburg-Vorpommern wählt neuen Landtag / © Hendrik Schmidt (dpa)
Mecklenburg-Vorpommern wählt neuen Landtag / © Hendrik Schmidt ( dpa )

domradio.de: Sehen Sie auch Merkels Flüchtlingspolitik als Grund für die starke AfD?

Frank Hoffmann (Pfarrer der Gemeinde St. Joseph in Greifswald und Propst der katholischen Kirche in Vorpommern): Ich denke, dass sich das nicht so einfach sagen lässt. In den Umfragen vor der Wahl kann man hören, dass die, die Wähler der AfD sind, nicht nur von der CDU kommen.

domradio.de: Sind AfD-Wähler dann eher Protestwähler?

Hoffmann: Nein, ich glaube auch nicht, dass es nur Protestwähler sind, sondern auch konservative Bürger dabei sind. Nach den Umfragen käme die AfD auf rund 20 Prozent der Wählerstimmen, was schon eine beachtliche Größe ist. Da steckt schon eine große Sorge dahinter, politisch nicht mehr recht vertreten zu sein. Die NPD ist keine Partei, die man wählen kann. Die wird ja laut Umfragen auch nur auf zwei bis drei Prozent kommen. Aber bei der AfD finden sich neben durchaus radikalen auch bürgerlich konservative Kandidaten, Stimmen und Positionen, so dass das durchaus für eine ganze Reihe von Menschen eine Alternative sein könnte.

domradio.de: Man liest überall in Ihrem Bundesland vielfach von einem Rechtsruck. Merken Sie davon tatsächlich etwas in Ihrem Gemeindealltag?

Hoffmann: Wenn ich mir die Universitätsstadt Greifswald mit knapp 60.000 Einwohnern, 10.000 Studenten anschaue, dann haben wir hier politisch von AfD über CDU, SPD, Grüne und anderen Parteien alles vertreten. Wir haben Mitglieder der Gemeinde, die auch Mitglieder der AfD sind, von denen ich sagen würde, dass sie vor Jahren wahrscheinlich die Konservativen in der CDU gewesen wären. Ich sehe es also nicht, dass das ein reiner Rechtsruck sein soll. Das wird sich sicherlich nach der Wahl zeigen müssen - wenn die AfD dann wahrscheinlich im Landtag ist - welche Positionen sie dann tatsächlich angesichts der politischen Realität hier im Land vertritt und wie konstruktiv sie ist.

domradio.de: Schaut man sich die Fakten im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern an, dann kann man das alles schwer nachvollziehen. Im Moment sieht es so aus, als würde die Wirtschaft wachsen, zum ersten Mal seit der Wende sind weniger Menschen arbeitslos. Warum ist das dann trotzdem so? Warum finden die Überzeugungen der AfD und in gewissem Sinne auch der NPD soviel Anklang im Moment?

Hoffmann: Ich glaube nicht, dass man so einfach die AfD mit der NPD zusammenbringen kann. Jetzt gerade vor der Wahl ist es fast unerträglich, wie sich darum bemüht wird, die beiden miteinander in einen Topf zu stecken. Das trifft die Realität einfach so nicht. Die AfD ist - so scheint es mir - keine homogene Partei. Da sind noch sehr heterogene Strömungen drin. Da muss man sehen, wie die sich nach der Wahl darstellen. Ich glaube, dass die AfD eine Lücke besetzt, die klassisch früher von der CDU besetzt wurde, die sie aber nicht mehr so besetzt, da die politische Mitte eine immer größere Rolle spielt.

domradio.de: Wie sieht es denn mit der Kirche in Ihrem Land aus? Sie hat doch auch eine Position zu der Wahl am Sonntag, oder?

Hoffmann: Die evangelischen und katholischen Bischöfe in Mecklenburg-Vorpommern haben gemeinsam ein Wort zur Wahl rausgegeben. Darin haben sie gesagt, bei der Landtagswahl gehe es um die wichtige Frage, wer künftig mit welchen Werten unser Land gestalten solle. Sie bitten darum, die Stimme abzugeben und diese Überlegung entsprechend zu berücksichtigen. Die Bischöfe sind sonst relativ verhalten. Man benennt noch einige Punkte, die aus ihrer Sicht im Land wichtig sind, aber es gibt keine klare Positionierung. Ich halte es auch für sehr klug, jetzt vor der Wahl damit zurückhaltend zu sein. Es geht darum, dass sich Parteien auf dem Boden des Grundgesetzes bewegen und dass wir unsere christlichen Werte als Maßstab an die Parteien anlegen. 

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR