Vatikan sucht Lösungen gegen Missbrauch und das Gespräch mit Opfern

"Mit Achtsamkeit"

Wie lässt sich Missbrauch vorbeugen? Der Vatikan hat sich in der vergangenen Woche mit diesen Fragen beschäftigt, der Papst Opfer getroffen. Das Ergebnis ist ein Entwurf für Leitlinien, wie die Kirche mit sexuellem Missbrauch umgehen soll.

Papst Franziskus bei einer Sonderaudienz zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit / ©  Giuseppe Lami  (dpa)
Papst Franziskus bei einer Sonderaudienz zum Heiligen Jahr der Barmherzigkeit / © Giuseppe Lami ( dpa )

Papst Franziskus ist mit zwei italienischen Missbrauchsopfern zusammengetroffen. Wie der Jesuit Hans Zollner, Mitglied der päpstlichen Kinderschutzkommission, am Montag in Radio Vatikan sagte, fand die Begegnung bereits am Samstag statt. Die beiden Frauen hätten dem Papst zwei Bücher überreicht, die sexuelle Vergehen durch katholische Geistliche thematisierten. Das eine Buch sei der Erlebnisbericht einer Italienerin, die als Jugendliche missbraucht worden sei, und die erste Publikation dieser Art in Italien. Das andere Buch handle von sexueller Gewalt gegen Ordensfrauen durch Seelsorger.

Ein betroffener Papst

Die beiden Frauen berichteten laut Zollner, Franziskus habe sich in dem Gespräch betroffen gezeigt und darum gebeten, weiter auf dem Laufenden gehalten zu werden. Wie sein Vorgänger Benedikt XVI. (2005-2013) begegne auch Franziskus Missbrauchsopfern mit einer "großen persönlichen Achtsamkeit", sagte Zollner dem Sender.

Der Jesuit Zollner, Psychologe und Leiter des internationalen Kinderschutz-Zentrums an der Päpstlichen Universität Gregoriana, hatte an der Jahrestagung der vatikanischen Kinderschutzkommission teilgenommen, die im März 2014 von Franziskus eingerichtet wurde. Das Treffen befasste sich unter anderem mit einem Entwurf für Kinderschutz-Leitlinien in der katholischen Kirche.

Vatikan plant Kinderschutz-Leitlinien

Der Entwurf eines Papiers, das sich mit der Prävention des Missbrauchs von Kindern, Heranwachsenden und schutzbedürftigen Erwachsenen befasst, sei fertig und solle demnächst Papst Franziskus vorgelegt werden, teilte die vatikanische Kinderschutzkommission am Montag mit.

Die Kommission war von Montag vergangener Woche bis Sonntag zu einem Treffen der Arbeitsgruppen und ihrer Jahresvollversammlung in Rom zusammengekommen. Vorsitzender des Gremiums ist der Bostoner Kardinal Sean O'Malley. Er sitzt zugleich im Rat der neun Kardinäle für die Leitungsreform der katholischen Kirche, der am Montag zu einer mehrtägigen Beratung mit dem Papst zusammentrat.

Strenger Auswahl von Priesterkandidaten

Die Erarbeitung von Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch war schon im Mai 2011 von Benedikt XVI. (2005-2013) für alle nationalen Bischofskonferenzen angeordnet worden. Zu den Maßnahmen gegen Vergehen an Minderjährigen gehörten weiter die Forderung des Vatikan nach einer strengeren Auswahl von Priesteramtskandidaten und Anpassungen im Kirchenrecht. Im Juni hatte Franziskus eine Art Dienstaufsichtsverfahren für Bischöfe eingeführt, die ihre Sorgfaltspflicht bei der Aufklärung von sexuellem Missbrauch verletzen.

Gebetstag geplant

Die Kinderschutzkommission erörterte laut ihrer Mitteilung auch einen weltweiten Gebetstag für die Opfer von Kindesmissbrauch. Franziskus habe die Bischofskonferenzen um die Wahl eines geeigneten Datums gebeten. So habe sich die Australische Bischofskonferenz dem nationalen Aktionstag für Kinderschutz am vergangenen Sonntag angeschlossen, während die südafrikanischen Bischofskonferenzen am ersten Dezemberwochenende mit Gebetsgottesdiensten, einem Fastenaufruf und einer Botschaft auf das Thema aufmerksam machen wollten.


Quelle:
KNA