Der katholische Bautzener Dompfarrer Veit Scapan hat "entsetzt und traurig" auf die jüngsten Konflikte zwischen Flüchtlingen und Deutschen in der Stadt reagiert. Sie ließen Bautzen in einem falschen Licht erscheinen, sagte Scapan am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur.
In Bautzen gebe es zahlreiche Initiativen, die sich für eine Integration von Flüchtlingen einsetzten. So engagierten sich in der Domgemeinde mehrere Arbeitsgruppen dafür und böten unter anderem Sprachunterricht an.
Viele Krawallmacher kommen aus dem Umland
Scapan äußerte Zweifel, ob eine verstärkte Polizeipräsenz allein ausreiche, um Auseinandersetzungen zwischen Rechtsextremisten sowie Flüchtlingen und ihren Unterstützern zu verhindern. Notwendig sei, verstärkt mit denen zu reden, die für Argumente offen seien. "Wer aber nur Rabatz will, kommt weiter nach Bautzen", betonte der Dompfarrer. Viele derer, die Flüchtlinge attackierten, kämen nicht aus Bautzen selbst, sondern aus dem Umland.
Nach Ausschreitungen am Mittwochabend versammelten sich am Donnerstag 350 Personen auf dem Bautzener Kornmarkt. Zunächst blieb es friedlich. Auch für die kommenden Tage sind rechte Demonstrationen angekündigt.
Nach der Krawallnacht von Bautzen setzt die Polizei auf massive Präsenz. Man werde in den kommenden Tagen mit zusätzlichen Kräften vor Ort sein, sagte der Leiter des Bautzener Polizeireviers, Uwe Kilz. Rechte Gruppen haben für Freitag und Sonntag Demonstrationen in der sächsischen Stadt angekündigt. Bereits am Donnerstagabend versammelten sich nach Polizeiangaben etwa 350 Personen auf dem Kornmarkt und den angrenzenden Straßen.
Bis in die Nacht blieb es weitgehend friedlich. "Die unschönen Szenen, wie sie an den vergangenen Abenden am Kornmarkt zu sehen waren, gab es heute nicht", sagte Kilz. Gegen 23.30 Uhr kehrte Ruhe auf dem Platz ein.
Zuvor hatte es Gerüchte über eine Demonstration in der Stadt gegeben. Sie sollte sich gegen die aktuelle Flüchtlingspolitik richten. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit 90 Einsatzkräften in der Stadt vor Ort. Im Laufe des Abends trennten die Beamten 25 Menschen aus dem linksalternativen Spektrum, die auf dem Kornmarkt ein Zeichen gegen Fremdenfeindlichkeit setzen wollten, und rund 300 Einheimische.
Rufe volksverhetzender Parolen
Ein Mann aus Reihen der Einheimischen schlug einem filmenden Journalisten auf den Arm, wie die Polizei mitteilte. Die Polizei ermittelt wegen Körperverletzung gegen einen 30-Jährigen. Darüber hinaus registrierte die Polizei weitere sieben Straftaten etwa wegen des Verwendens verfassungsfeindlicher Symbole sowie des Rufens einer volksverhetzenden Parole.
Der Bautzener Kornmarkt steht seit mehreren Tagen im Fokus, weil sich Einheimische und Asylbewerber Auseinandersetzungen lieferten. In der Nacht zu Donnerstag kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen zwischen etwa 20 Flüchtlingen und 80 Deutschen.
Nach Darstellung des Bautzener Polizeichefs Uwe Kilz ging die Gewalt bei den Krawallen am Mittwochabend von jungen Flüchtlingen aus. Von einer Gruppe von 15 bis 20 Asylbewerbern seien auf dem Kornmarkt Flaschen und Steine in Richtung der Rechten geflogen. Bereits bei einer Konfrontation am vergangenen Freitag hätten zunächst die Jugendlichen Gewalt ausgeübt. Die Polizei hatte schon zuvor von "wechselseitigen Provokationen" zwischen Flüchtlingen und Rechten gesprochen und den Kornmarkt als "Pulverfass" bezeichnet. Meist sei Alkohol im Spiel.
Alkoholverbot und Ausgangssperre
Sachsens Integrationsministerin Petra Köpping (SPD) sprach in den ARD-"Tagesthemen" am Donnerstagabend von einer beängstigenden Stimmung in Bautzen. "Es gibt schon Regionen in Sachsen, wo Rechtsradikalismus und radikalisierte Einstellungen stärker sind als in anderen Regionen." Gleichzeitig betonte sie, die Übergriffe aus der Nacht zum Donnerstag seien nicht repräsentativ für Bautzen.
Nach den Ausschreitungen greift der zuständige Landkreis gegen junge Asylbewerber hart durch. Vier Rädelsführer aus einem Wohnheim im Alter zwischen 15 und 20 Jahren wurden bereits an andere Standorte gebracht und sollen keinen Einfluss mehr auf ihre Mitbewohner ausüben. Außerdem gilt fortan ein Alkoholverbot und eine Ausgangssperre ab 19.00 Uhr für die etwa 30 in Bautzen lebenden sogenannten unbegleiteten, minderjährigen Asylbewerber. Vor den Asylunterkünften blieb es am Donnerstagabend ruhig.
Bautzen war in den vergangenen Monaten wiederholt negativ in die Schlagzeilen geraten. Im Februar hatten Schaulustige einem Brand in einer Flüchtlingsunterkunft zugesehen. Im März war Bundespräsident Joachim Gauck bei einem Besuch in Bautzen beschimpft und beleidigt worden. Damals hatte er mit Bürgern über die Flüchtlingskrise diskutiert. Die neuerlichen Vorfälle befeuerten die Debatte über Fremdenfeindlichkeit in Sachsen.