Rainer Maria Kardinal Woelki zwei Jahre Erzbischof in Köln

Zurück zu den Wurzeln

Der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki ist ein Vorkämpfer für das Engagement der Kirche für Flüchtlinge - auch gegen Widerstände. An diesem Dienstag ist er nun seit zwei Jahren Erzbischof von Köln.

Die Kardinäle Meisner und Woelki am 20. September 2014 (dpa)
Die Kardinäle Meisner und Woelki am 20. September 2014 / ( dpa )

Nach seinem Zwischenspiel als Berliner Erzbischof ist er 2014 wieder im Rheinland angekommen. In seiner Stadt Köln, wo er nicht nur geboren und aufgewachsen ist, sondern auch schon als Weihbischof vor seiner Berufung nach Berlin wirkte. Vor zwei Jahren, am 20. September 2014 wurde er als Erzbischof von Köln in sein Amt eingeführt.

Schon beim Bürgerfest nach seiner Amtseinführung war die Sympathie der Kölner deutlich zu spüren. Und die erste Pressekonferenz hielt er in seiner Heimatgemeinde in Köln-Mülheim. Auch in seiner bisherigen Amtszeit lief offenbar fast alles rund. Lob für seine Amtsführung bekommt Woelki vor allem von den Laien, was alles andere als selbstverständlich ist. Einen guten Draht hat er aber auch zur Presse. Eine örtliche Boulevard-Zeitung titelte: "Der kölsche Franziskus". Und charakterisierte ihn plakativ mit drei Sätzen: "Ihm hören nicht nur Katholiken zu. - Er liebt und lebt die Bescheidenheit. - Woelki redet klare Worte."

Im Einsatz für Flüchtlinge inspiriert von Rupert Neudeck

Besonders fällt sein entschiedener Einsatz für Flüchtlinge auf - und dabei spricht er nicht nur Klartext, sondern setzt auch deutliche Zeichen. So wählte er im vergangenen Jahr publikumswirksam das Aushängeschild des Kölner Doms, den "dicken Pitter", um mit der 23.000-Glockenschläge-Aktion an jeden einzelnen im Mittelmeer ertrunkenen Flüchtling zu erinnern. Und an Fronleichnam feierte Woelki die Messe an einem zum Altar umgebauten Flüchtlingsboot, das nun in der Kathedrale als Protestzeichen dient.

Geprägt und inspiriert wurde der Kölner Erzbischof in diesem starken Engagement auch von Rupert Neudeck. Woelki nannte den im Mai verstorbenen Menschenrechtler einen "treuen Freund", auch wenn es eher eine dienstliche Freundschaft war. Im Sterbeamt hielt er die Predigt und hob dabei das Lebenswerk des Cap-Anamur-Gründers hervor, der 1979 tausende vietnamesische Flüchtlinge im Chinesischen Meer vor dem Ertrinken rettete. Begriffe wie "vielleicht", "mal sehen" oder "geht nicht" seien Fremdworte für ihn gewesen. Mit bewegter Stimme rief er dazu auf, Neudecks Mission nach dessen Tod weiterzuführen: "Ruhe jetzt in Frieden, wir übernehmen."

Der Kardinal legt den Finger in die Wunde

Und Kardinal Woelki übernimmt. Immer häufiger legt er den Finger in die Wunde, mahnt gesellschaftliche Missstände an und kämpft für die christliche Perspektive in den Themen der Zeit. Er wirbt für die Integration von Zuwanderern und Muslimen und verliert dabei kritische Worte über die "sogenannte Alternative für Deutschland". Das Ganze macht er durchaus medienwirksam. Für dem Internetauftritt des Politmagazins "Stern" schreibt er eine Kolumne. Auf domradio.de äußert er sich jeden Sonntag mit einem eigenen "Wort des Bischofs".  Dabei prangert er Sterbehilfe und Abtreibung genauso an wie Waffenlieferungen, die Kluft zwischen Arm und Reich, mangelndes Engagement für Klimaschutz oder Korruption im Fußball.

Er wendet sich gegen Billig-Textilien und einen Kapitalismus pur und ruft zu Spenden für Bettler auf, auch wenn diese dafür nur die nächste Flasche kaufen. Populäre Botschaften sind das alles nicht und nicht selten erfährt er Gegenwind, vor allem in den sozialen Netzwerken. Woelki, dessen Eltern aus dem Ermland (Ostpreußen) stammen, wuchs selbst als Kind von Flüchtlingen in der Bruder-Klaus-Siedlung in Köln-Mülheim auf.

Klima in der Jugend begünstigte Priester-Berufung

Hier fanden vor allem kinderreiche Familien eine Heimat, und engagierte Kapläne bestimmten den Alltag. "Wer Fußball oder Tischtennis spielen wollte, musste zur katholischen Jugend gehen", so Woelki. In dem kleinbürgerlichen Milieu habe aber jeder seinen Platz bekommen, betont er, und "viele Priester-Berufungen seien aus der Bruder-Klaus-Siedlung hervorgegangen". Wie das Gehen auf einem vorbereiteten Weg sei dann das Theologiestudium in Bonn und Freiburg und die Entscheidung für den Priesterberuf gewesen.
Der Priesterweihe 1985 folgt die Kaplanszeit in Neuss und Ratingen, die er als "wunderbare Zeit mit Menschen auf der Suche nach Gott" beschreibt.

Weichenstellungen im Erzbistum

Gemeinsam auf dem Weg sein - das gilt für Woelki vor allem auch in der Leitung der größten Diözese Deutschlands. In Köln hat der Kardinal einige Weichen neu gestellt: Sein Büro sowie zwei Hauptabteilungen leiten Frauen. Um einen "partizipativen Leitungsstil" zu etablieren, führte er den Diözesanpastoralrat ein, in dem neben Klerikern auch Laien mitreden.

Von ihnen erwartet der Kardinal mehr, gerade angesichts sinkender Priesterzahlen. Statt Kirchen vor Ort dicht zu machen, sollen Laien es dort richten. "Gemeindliches Leben findet nicht nur dort statt, wo der Priester ist", betont Woelki und mahnt einen Umgang "auf Augenhöhe" zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen an. Dabei beschwört der Fan des 1. FC Köln auch in der Kirche den Teamgeist: "Erfolg hat eine Mannschaft nur, wenn sie zusammensteht, wenn alle Pressing spielen und auch die Verteidiger nach vorne aufrücken."

Beim 1. FC ist er seit langem Mitglied und wird auch immer wieder bei den Heimspielen auf der Tribüne entdeckt, wenn es der eng getaktete Alltag denn zulässt. Dann kickt er auf den Stadionwiesen auch mal selbst den Ball. Volksnähe beweist Woelki auch bei der anderen Leidenschaft der Rheinländer: dem Karneval. Gerne übernahm er die Tradition seines Vorgängers Kardinal Meisner, die Eröffnung der Karnevalssession gemeinsam mit den Karnevalisten mit einem Gottesdienst zu feiern. Seine Predigten dort gelten als einer der Höhepunkte im kölschen Kirchenjahr. Auch - oder gerade weil - er den Jecken mitunter mal die Leviten liest. Aber: "D´r leeve Jott es ja nit esu!"

Für die Jecken stellt er sich auch schon mal auf den Kopf und zitiert den "Stammbaum" der "Bläck Fööss". Und auch bei der Prinzenproklamation fand er den richtigen Ton: Mundart verbindet. An den beliebten Mitspielkonzerten mit den "Höhnern" im Dom nimmt er gerne teil.


Quelle:
KNA , DR