domradio.de: Herr Mosbach, was haben Sie gedacht, als Ihnen dieser Auftrag angetragen worden ist?
Gerd Mosbach (Porträtmaler): Ich war natürlich sehr geschmeichelt und habe mich wahnsinnig gefreut, dass das Domkapitel und das Erzbistum mir und meiner Arbeit das Vertrauen entgegenbringen.
domradio.de: Wie haben Sie sich auf diese Arbeit vorbereitet?
Mosbach: Ich war im Vorfeld schon intensiv mit Dr. Kraus vom erzbischöflichen Museum Kolumba im Gespräch, der mir auch von der künstlerischen Seite her sehr geholfen und mich sehr gefordert hat.
domradio.de: Gab es auch Zeiten, in denen der Kardinal in Ihr Atelier gekommen ist?
Mosbach: Wir haben uns mehrmals bei mir im Atelier getroffen. Das waren schöne Gespräche, während denen ich seine unterschiedlichen Gesichtsausdrücke, die Physiognomie studieren konnte, und diese Eindrücke flossen in die Porträts hinein, die ich von ihm angefertigt habe.
domradio.de: Sie haben mit dem Kardinal gesprochen, sich ihn genau angeschaut. Wie haben Sie den Kardinal erlebt?
Mosbach: Dieses Treffen im Atelier war für uns beide eine Premiere, und ich denke, wir sind dann irgendwann doch sehr vertraut miteinander geworden, haben uns angenähert. Er hat mich mit Sicherheit genauso durchleuchtet wie ich ihn, bei mir sieht man das Resultat in den Bildern, und er hat sich wahrscheinlich seinen Teil über mich gedacht.
domradio.de: Über welche Themen haben Sie miteinander gesprochen?
Mosbach: Über sein Verhältnis zum Amt, zum Glauben – das schlägt sich auch in den Gemälden nieder. Es hat sich im Vier-Augen-Gepräch eine vertraute Ebene für mich als Künstler ergeben, auf die ich nicht näher eingehen will, die ich aber in den Bildern mitgeteilt habe.
domradio.de: Auf dem Bild in der Sakristei sieht man Kardinal Woelki sitzend, das Rot seines Schulterumhangs leuchtet und wirkt fast orange. Was wollten Sie mit dieser Farbgebung vermitteln?
Mosbach: Das Kardinalsrot ist eine aggressive Farbe. Sie ist nicht so zurückhaltend wie das Purpur der Bischöfe. Und sie nimmt natürlich auch Bezug auf die Farbe Rot des Lebens, da spielt Leidenschaft, Blut, Essenz mit hinein, und das habe ich bei diesem Bild durch diese orangen Lichter, die ich darauf gesetzt habe, zum Ausdruck gebracht. Aggressiv in dem Sinne, dass es nichts Leisetreterisches, nichts Zurückhaltendes, Braves, Konventionelles, Alltägliches ist – also No political correctness. Es ging mir letztendlich darum, die Kraft, die hinter diesem Amt und der Tradition steckt, zum Ausdruck zu bringen.
domradio.de: Die Summe der Eindrücke aus den Gesprächen mit dem Kardinal ist in das Porträt eingeflossen. Was war Ihnen wichtig, über den Kardinal zu erzählen?
Mosbach: Sein Gesicht, seine Haltung, seine Hände, die Symbolik des Amtes durch die rote Manzetta (Red.: Schulterumhang) und das Kardinalskäppchen auf dem Kopf ist ein spannender und spannungsgeladener Dialog. Der Kardinal sieht tatsächlich einladend aus. Man kann es platt formulieren: "Komm ruhig her. Ich höre zu". Man kann es allgemeiner interpretieren, dass er als hoher Vertreter dieser Kirche tatsächlich Leute in seine Kirche einlädt. Den Eindruck habe ich auch selber von ihm persönlich gehabt in seinem Umgang, sehr unprätentiös, sehr schlicht. Nichtsdestotrotz – er ist auch Kardinal. Und diese Spannung, das war schon eine spannende Angelegenheit.
domradio.de: Und im Gesicht findet sich ein ganz leiser Anflug von Humor in den Mundwinkeln, oder?
Mosbach: Ja, da spielt schon ein bisschen Schalk mit hinein. Ich denke, der Kardinal pflegt auch nicht die Humorlosigkeit eines Jorge aus dem Roman "Im Namen der Rose".
domradio.de: Für die Sakristei haben Sie ein sitzendes Porträt von Kardinal Woelki gemalt, und dann auch noch ein stehendes Porträt, das im Generalvikariat aufgehängt werden soll. Warum einmal sitzend und einmal stehend?
Mosbach: Das Sitzende hat, wenn man selber nicht sitzt, immer eine distanzierende Wirkung auf den Betrachter. In der Sakristei ist das nicht so problematisch, denn das Bild hängt in vier oder fünf Meter Höhe. Im Generalvikariat wird es auf Augenhöhe aufgehängt. Der Kardinal ist im Bild für das Generalvikariat auch etwas versetzt vom Mittelpunkt, also entrückt, und schaut den Betrachter durch seine stehende Haltung noch unmittelbarer an. Er nimmt eine Haltung ein, die den Betrachter mehr fordert, Stellung zu beziehen. Dieser Dialog, was will ich von dir, was will Kirche von dir, und was willst du von mir, wird in diesem Bild dringlicher geführt als im Porträt in der Sakristei.
Das Interview führte Birgitt Schippers