Bayern-SPD will psychosoziale Nothilfe gesetzlich verankern

Da sein im Krisenfall

Zugunglück in Bad Aibling, Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum - während sich die Rettungsdienste um die Opfer kümmern, gibt es die psychosoziale Betreuung für Angehörige. Doch das ist nicht selbstverständlich.

Notfallseelsorger sollen fest etabliert werden / © Marius Becker (dpa)
Notfallseelsorger sollen fest etabliert werden / © Marius Becker ( dpa )

Der "plötzliche Tod" ist ein unbequemes Thema. Seit Jahrzehnten beschäftigt sich die Gesellschaft jetzt nun schon mit dem langsamen Sterben, doch dabei scheidet fast jeder sechste Mensch ganz plötzlich aus dem Leben. In 40 Prozent der Fälle ist ein Herzinfarkt der Auslöser, dazu kommen Selbsttötungen und Verkehrsunfälle. Andreas Müller-Cyran weiß, wovon er spricht. Der Leiter der Notfallseelsorge der Erzdiözese München und Freising ist genau dann da, wenn Angehörige mit einem solchen Schicksalsschlag fertig werden müssen.

Große Unterstützung für die Polizei

Vor mehr als 20 Jahren hat der katholische Diakon das bundesweit erste Kriseninterventionsteam (KIT) beim Arbeiter-Samariter-Bund in München aufgebaut. Wenn die Rettungskräfte ihre Aufgabe getan haben, kommen er und seine Leute. Die Polizei weiß längst, was sie an diesen Helfern hat, die für die psychosoziale Notfallversorgung zuständig sind. Ob beim Zugunglück in Bad Aibling, nach dem Amoklauf im Münchner Olympia-Einkaufszentrum oder bei Naturkatastrophen - die zumeist ehrenamtlich Tätigen sind im Einsatz. Eine gesetzliche Grundlage gibt es für ihr Tun bisher nicht, genauso wenig wie eine flächendeckende Versorgung in Bayern.

Psychosoziale Betreuung soll verbessert werden

Die Landtags-SPD in dem Bundesland will dies nun ändern. Am Mittwoch bringt sie einen Gesetzentwurf ins Parlament ein, um die psychosoziale Betreuung von körperlich unversehrten Betroffenen oder Zeugen nach schweren Unfällen, Unwettern oder Katastrophen zu verbessern. Sollte es gelingen, alle Fraktionen zu überzeugen, an einem Strang zu ziehen, wären die Bayern die ersten mit einer solchen Regelung. Fraktionsvize Hans-Ulrich Pfaffmann ist bei der Präsentation am Dienstag anzumerken, dass ihm diese Sache ein persönliches Anliegen ist. Immerhin war er früher selbst als Rettungssanitäter aktiv.

Kriseninterventionsteam soll dabei sein

Den Rettungsorganisationen und vor allem den beiden Kirchen ist der SPD-Politiker dankbar, dass sie seit Jahren die Notfallseelsorge finanziell unterstützen. Wichtig ist ihm und Müller-Cyran, der die SPD bei dem Gesetzentwurf beraten hat, dass künftig die Krisenintervention als öffentliche Aufgabe etabliert wird, mit einem Landesbeauftragten, bezahlten 24-Stunden-Einsatzleitern und einer Auswertung der Arbeit. Aufgabenträger sollen die Behörden von Freistaat, Landkreisen und kreisfreien Städten sein.

So wie im Notfall die Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste an den Ort des Geschehens geschickt werden, so sollte automatisch auch immer ein Kriseninterventionsteam dabei sein, sieht das Gesetz vor. Bei den großen Katastrophen im Ausland der vergangenen Jahre, von denen Bundesbürger betroffen waren, etwa 2000 beim Concorde-Absturz in Paris, 2001 bei den Anschlägen in New York oder 2004 beim Tsunami in Südostasien, war Müller-Cyran stets vom Auswärtigen Amt angefordert worden.

Fortbildungen nötig

Technisch und notfallmedizinisch sei man in Deutschland hervorragend ausgestattet, lobt Müller-Cyran. Aus seiner Zeit als Rettungsassistent weiß er aber auch, dass nur 15 Prozent aller Wiederbelebungsversuche erfolgreich verlaufen. Dabei entdeckte er jedoch ein anderes Versorgungsdefizit. Denn die Angehörigen wurden in ihrem Schicksal zurückgelassen, nachdem gerade ein lieber Mensch gestorben war. Die Kriseninterventionsteams können hier helfen. Dafür braucht es eine solide Ausbildung und entsprechende Fortbildungen für die Helfer. Auch dies soll im Gesetz verankert werden.


Quelle:
KNA