"Wir dürfen nicht hinnehmen, wenn andere Menschen beleidigt werden, weil sie eine andere Hautfarbe oder andere Rasse haben, weil sie Flüchtlinge und Asylbewerber sind oder weil sie als Verantwortungsträger für Recht und Gesetz eintreten." Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick predigt am Samstag in Berlin. In dem Gottesdienst zum 20. Jahrestag der Seligsprechung des NS-verfolgten Priesters Bernhard Lichtenberg geht er zwar nicht explizit auf das ein, was er seit gut einer Woche erlebt. Und doch können seine Sätze als Reaktion gelesen werden auf Hassbotschaften bis hin zu Todesdrohungen. Am Anfang stand ein AfD-Post.
Was war passiert? Ende Oktober ist Schick zu Gast am Stand der "Nürnberger Nachrichten" auf der Verbrauchermesse Consumenta. Er wird gefragt, ob er sich einen muslimischen Bundespräsidenten vorstellen könne, etwa den immer wieder gehandelten Navid Kermani. Er sehe dafür derzeit keine gesellschaftliche Mehrheit, sagt der Erzbischof. Und auf die Nachfrage, ob dies grundsätzlich möglich sei, sagt er: Natürlich würden die Kirchen einen von den Parteien nominierten und in der Bundesversammlung gewählten Präsidenten muslimischen Glaubens akzeptieren. Eigentlich eine verfassungsrechtliche Selbstverständlichkeit.
Hassbotschaften gegen Schick
Auf der Facebook-Seite der AfD versieht die Partei ein Bild Schicks von Wikipedia mit der Schlagzeile "Kirche: muslimischer Bundespräsident denkbar" sowie mit einer Art Stempel mit dem Wort "Halal" dazu, das arabische Wort für "erlaubt", wie es auf bestimmten Lebensmitteln zu finden ist.
In den Kommentaren haben Hass bis hin zu Todesdrohungen dann freie Bahn. Da ist dann von "Pfaffengesindel" die Rede, das liquidiert gehöre. Oder es wird von einem "großen Aufräumen" gesprochen. Es müsse richtig knallen im Land - und man hoffe, die Kopfabschneider fingen bei den "Pfaffen" an. Mehr als 1.300 Kommentare werden es innerhalb kürzester Zeit.
Bedrohungen nicht neu
Solche Botschaften bis zu Drohungen sind für Schick nicht neu. Immer wieder bekam er sie, wenn er sich etwa zu Flüchtlingsfragen oder Pegida äußerte, wie es von seinem Pressesprecher Harry Luck heißt. Zuschriften, die nicht anonym seien und nicht nur aus unflätigen Beleidigungen bestünden, würden beantwortet. Strafrechtlich relevante Kommentare leite man an die Polizei zur Prüfung weiter. Doch Ermittlungsverfahren seien bisher ohne Erfolg geblieben, da die eigentlichen Urheber nicht ausfindig zu machen seien.
Im konkreten Fall jedoch ging das Erzbistum noch weiter und schaltete Juristen ein. Mittlerweile sind die schärfsten Kommentare gelöscht. Das sei zu begrüßen, so Luck. Erschreckend sei jedoch, wie Bedrohungen im Netz von anderen relativiert würden. "Da heißt es dann etwa, dass 'liquidieren' ja gar nicht töten bedeuten müsse, sondern sowas wie abschaffen." Die von der AfD gepostete Bild-Montage findet weiter Verbreitung. Die AfD Bamberg etwa machte sie sogar kurzzeitig zu ihrem Facebook-Profilbild, mittlerweile ist nur noch der Schriftzug zu finden.
Unterstützung von Politikern
Gleichzeitig erfährt Schick auch Solidarität, etwa vom CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz oder vom Bamberger SPD-Bundestagsabgeordneten Andreas Schwarz auf Facebook. Der Zuwanderungsbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Stefan Schmidt, forderte, die AfD-Spitze wegen Volksverhetzung anzuklagen. Der Bistumssprecher verweist zudem auf Gegenreaktionen auf den Seiten der AfD, "auch von Leuten, die ausdrücklich der Kirche nicht nahe stehen".
Klar bleibe aber: "Erzbischof Schick lässt sich nicht einschüchtern und vertritt seine Standpunkte weiter deutlich." Wie das geht, zeigt er am Samstag in Berlin. Die wehrhafte Demokratie dürfe keine Angriffe auf die Verfassung und Verstöße gegen die Rechtsordnung hinnehmen, sagt er. Sie müsse geachtet und bewahrt werden, fordert Schick und zitiert Navid Kermani, der zum 65. Geburtstag des Grundgesetzes sagte: "Danke, Deutschland!"
Am Sonntagnachmittag dankt der Erzbischof dann via Social Media für die Ermutigung:
Danke für Solidarität&Ermutigung.
Gemeinsam für Respekt,Anstand&Nächstenliebe eintreten.Aufstand d.Anständigen!
Darum geht es
Gott befohlen!— Erzbischof Schick (@BischofSchick) 6. November 2016