Frisches Öl in das Feuer der Diskussion um den verkaufsoffenen Sonntag hat der Handelsverband-Präsident Josef Sanktjohanser gegeben. Er äußerte sich am Mittwoch in einem Interview der "Neuen Osnabrücker Zeitung" und forderte darin zehn verkaufsoffene Sonntage im Jahr in ganz Deutschland - ohne dass es dafür einen besonderen Anlass geben muss. Die Öffnungszeiten sollen dabei zwischen 13 und 18 Uhr liegen.
Hannelore Bartscherer ist die Vorsitzende des Katholikenausschusses in der Stadt Köln und äußerte sich gegenüber domradio.de empört über den Vorschlag. "Wir brauchen keine sonntäglichen fünf Stunden Ladenöffnungszeiten", erklärt sie am Mittwoch. Die Ladenöffnungszeiten seien unter der Woche so umfassend, dass die fünf Stunden auch nicht relevant seien. "Wir geben damit etwas auf, was uns allen sehr wichtig sein muss: einen Tag, der nicht von Konsum und Kommerz bestimmt ist."
Schlendern vs. Shoppen
"Verkaufsoffene Sonntage belebten die Innenstädte, die in den vergangenen Jahren unter deutlichen Frequenzrückgängen gelitten haben" – so argumentiert der Handelsverband-Chef. Bartscherer sieht das anders. "Eine Innenstadt wird nicht lebendiger." Die Städter, die sonntags gerne mal schlendern würden, blieben zuhause. Für diejenigen sei die Stadt durch volle Parkplätze und den Trubel dann eher unattraktiv.
Bartscherer glaubt nicht daran, dass die Menschen sonntags einkaufen gehen wollen. "Uns wird eingeredet, dass die Menschen sonntags kaufen wollen. Wir bekommen die Botschaft, Konsum und Kommerz sind das höchste der Gefühle", erklärt sie. Auch die kleinen mittelständischen Einzelhändler würden getrieben. "Die brauchen diese verkaufsoffenen Sonntage nicht."
Der Handel sieht einen Vorteil: Die verkaufsoffenen Sonntage würden die Jobs in der Branche stärken. Joberhalt nennt das Josef Sanktjohanser. Zudem machten Sonntags- und Feiertagszuschläge die Arbeitsverhältnisse attraktiver. Doch auch hier wird Kritik laut. Bartscherer weist gegenüber domradio.de auf kurzfristig beschäftigte Arbeitskräfte auf 450-Euro-Basis hin – es seien bevorzugt Frauen, die an solchen Tagen eingesetzt würden.
Teilweise nur vier verkaufsoffene Sonntage erlaubt
Bislang regelt jedes der 16 Bundesländer selbst, wie oft Geschäfte an Sonntagen öffnen dürfen. "Hier provoziert der Gesetzgeber über Bundesländergrenzen hinweg Standortnachteile, weil im einen Land diese Regelung gilt, im anderen jene. Das kann nicht sein", kritisierte Sanktjohanser im Interview.
In vielen Bundesländern sind derzeit vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr erlaubt, in einigen wie Berlin und Brandenburg auch mehr. Die Kommunen bestimmen dann jeweils die entsprechenden Tage. Jedes Datum muss bislang an einen Anlass wie ein Volksfest oder eine Messe gekoppelt sein.