domradio.de: Es war 2014, da stellte der IS dem Christentum ein Ultimatum: eine Kopf-Steuer zahlen, zum Islam konvertieren oder den Tod durch das Schwert erfahren. Sie haben dort 30 Jahre verbracht, kennen die Lage vor Ort. Eine Kirche öffnet nach zwei Jahren ihre Tore – Ist das ein Zeichen der Hoffnung?
Nikolaus Bonerz (Kölner Geschäftsmann, Initiator der Flüchtlingshilfe St. Rafael im Irak): So könnte man es sehen. So will man es auch sehen. Aber ich glaube, dass sich die Situation nicht grundlegend geändert hat. Die Christen im Land werden noch immer bedrängt und verfolgt.
domradio.de: Die Peshmerga-Kämpfer haben Bashiqa am 7. November aus den Händen der Terrorgruppe Islamischer Staat, kurz IS befreit. Kann man jetzt davon ausgehen, dass Normalität einkehrt? Oder ist die Situation drum herum noch so, wie sie in den letzten Jahren auch war, dass das nur eine kleine Enklave sein kann?
Bonerz: Meine persönliche Meinung ist, dass es sich sicherlich nur um eine Enklave handelt und sich das Gebiet in der nächsten Zeit nicht ausweiten wird.
domradio.de: Die Kirche wurde bisher nur symbolisch geöffnet, soll aber auch in Zukunft als Kirche genutzt werden. Ist damit zu rechnen, dass die Christen wiederkommen?
Bonerz: Christen kommen wieder, sobald es die Möglichkeit eines Kirchenbesuches gibt. Das passiert quasi automatisch. Das passiert im Moment im Irak auch, aber man macht das sehr verdeckt.
domradio.de: Was meinen Sie mit verdeckt?
Bonerz: Man geht nicht lauthals zur Kirche. Das war früher sehr viel normaler. In der starken kontrollierten Zeit durch Saddam Hussein hatten wir in Bagdad sehr viel mehr freien Zugang zu Kirchen - jederzeit.
domradio.de: Seit dem Fall von Saddam Hussein ist die Zahl der Christen im Land massiv zurückgegangen. Sie sagen, Christen lebten ihren Glauben" versteckt": Jetzt haben wir den Bericht über läutenden Kirchenglocken gelesen. Das ist doch eher ein lautes Zeichen, hier sind wir wieder, oder?
Bonerz: Es ist eine Stufe des Aufbaus. Aber ich glaube nicht, dass das laute Zeichen bis in den Norden reicht, wo ja Mossul stark umkämpft wird und erobert werden soll. Ich kann nicht sagen, was nach einer Vereinnahmung kommen würde.
domradio.de: Sie haben die Flüchtlingshilfe St. Rafael ins Leben gerufen - Was tut diese Flüchtlingshilfe?
Bonerz: Wir sammeln in Deutschland Spenden, um Wohneinheiten für Binnenflüchtlinge zu errichten.
domradio.de: Aus dem Norden kommen viele Iraker nach Bagdad, weil sie vor dem IS flüchten….
Bonerz: Die Idee ist, den Flüchtlingen aus dem Norden eine Unterkunft und Arbeit zu geben. Seit zwei Jahren arbeite ich mit dem Krankenhaus St. Rafael in Bagdad zusammen. Meine Frau und ich hatten irgendwann mal an das Krankenhaus gespendet und daraus ergab sich, dass wir mehr machen wollten.
Das Interview führte Daniel Hauser.