Flüchtlinge: Woelki dringt auf Familiennachzug

"Sprengstoff vermeiden"

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki fordert eine schnelle Lösung beim Thema Familiennachzug für Flüchtlinge. Gleichzeitig warnt er davor, die Not von Menschen gegeneinander auszuspielen.

Kardinal Woelki (DR)
Kardinal Woelki / ( DR )

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki fordert eine schnelle Lösung, damit Flüchtlinge ihre Familien nach Deutschland nachholen können. "Ich glaube, das hilft, Sprengstoff zu vermeiden und sozialen Frieden herzustellen", sagte Woelki am Mittwochabend in Köln bei einer WDR-Veranstaltung zum Thema Integration. Damit die Integration von Flüchtlingen gelingen kann, seien Bildung, Ausbildung und Sprache die entscheidenden Faktoren, meinte Woelki.

Gleichzeitig müssten aber auch die Menschen ernstgenommen werden, die sich von der Gesellschaft abgehängt fühlten, mahnte der Kardinal. Mitarbeiter in Krankenhäusern oder von Paketdiensten zum Beispiel verrichteten wertvolle und wichtige Dienste. "Das sind Leute, die oft 50 Stunden und mehr arbeiten, die aber dann mit rund 1000 Euro nach Hause gehen. Und die Frage ist natürlich, wie können die in Köln, München oder Berlin oder so mit 1000 Euro über die Runden kommen." Wo Menschen sich ungerecht behandelt fühlten, hätten Populisten und Extremisten leichtes Spiel.

Woelki: Menschen ernst nehmen

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki hat davor gewarnt, die Not von Flüchtlingen und angestammten Bürgern gegeneinander auszuspielen. "Wir müssen die Menschen ernst nehmen, die sagen, uns sieht man nicht mehr, wir sind abgehängt worden, aus welchen Gründen auch immer", sagte er am Mittwochabend in Köln. Denn auf diesem Hintergrund könne sich ein Nährboden für Populismus und Extremismus bilden, mahnte der Erzbischof beim WDR-Integrationsgipfel zum Thema "Wie schaffen wir es?"

Werte wie Menschenwürde, Menschenrechte, Solidarität oder soziale Gerechtigkeit hätten die Gesellschaft geprägt, "doch sie werden nicht einfach so bleiben, sondern wir müssen daran arbeiten und sie vorleben", forderte Woelki. Dass der künftige US-Präsident Donald Trump aus einer Einwanderungsfamilie komme "und jetzt auf einmal Mauern errichten will und Einwanderer in der Weise beschreibt, wie er das getan hat, da kann man nur darüber lachen", so der Kölner Erzbischof. Gerade im Hinblick auf Weihnachten würden Christen nicht vergessen, dass "das erste, was das Kind zu erleiden hatte", Flucht und Verfolgung gewesen sei. "Aus dieser Erfahrung engagieren wir uns alle weiter für Menschen in der Not", sagte Woelki.

Altmaier: Viele nach wie vor großes Herz für Flüchtlinge

Nordrhein-Westfalen hat nach Worten von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) für die Integration Geflüchteter 4,6 Milliarden Euro von seinem Gesamthaushalt in Höhe von 18 Milliarden Euro aufgewendet. Das Geld sei "on top" gekommen und nirgendwo anders weggenommen worden, betonte Kraft. Weiter rief sie alle Menschen NRW dazu auf, weiter an der Eingliederung der Zugewanderten zu arbeiten. Die so entstehende Vielfalt habe das Land stark gemacht.

Der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU), erklärte, in Deutschland bewiesen nach wie vor viele Menschen ein "ganz großes Herz für Flüchtlinge". Dass andere sich Sorgen machten, sei nicht per se "ausländerfeindlich oder verwerflich". Nicht "okay" finde er aber, wenn "eine politische Partei oder andere Gruppierungen" die Sorgen dieser Menschen parteipolitisch und teils für ausländerfeindliche Ideologien missbrauchten. "Das halte ich für unanständig", so Altmaier. Dem müssten alle demokratischen Parteien gemeinsam entgegentreten.

Bundesagentur: Keine Konkurrenz am Arbeitsmarkt

Der Vorstand der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, betonte, angesichts von 43 Millionen Erwerbstätigen in Deutschland gegenüber 380.000 arbeitslosen Flüchtlingen gebe es keinen Konkurrenzkampf um Arbeitsplätze. Gegen den Fachkräftemangel könnten die neu Zugewanderten aber nur "einen sehr bescheidenen Beitrag" leisten, so der frühere Hamburger Sozialsenator (SPD).

Dagegen erwarte er schon von der zweiten Generation deutlich mehr. Aus der humanitären Herausforderung des Themas Flucht sei nun eine Arbeitsmarktaufgabe geworden. Das erfordere Geduld. "Es geht, und lassen Sie uns bitte nicht verzweifeln daran", sagte Scheele.


NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft / © Maja Hitij (dpa)
NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft / © Maja Hitij ( dpa )
Quelle:
KNA , dpa