Patriarch plädiert für barmherzigen Umgang mit Geschiedenen

"Es gibt nicht nur Schwarz oder Weiß"

Die Barmherzigkeit steht im Fokus: In den römischen Streit um den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen in der katholischen Kirche schaltet sich jetzt auch das Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie ein.

Bartholomaios I. während eines Interviews / © Sean Hawkey (KNA)
Bartholomaios I. während eines Interviews / © Sean Hawkey ( KNA )

Das Papstdokument "Amoris laetitia", das eine Deutungskontroverse innerhalb der katholischen Kirche auslöste, rufe "vor allem die Barmherzigkeit und das Mitleiden Gottes und nicht nur die moralischen Normen und kirchenrechtlichen Regeln von Menschen" ins Bewusstsein, schreibt der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios I., in einem Gastbeitrag für die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" (Samstag).

Gottes Gnade nicht vergessen

In der Vergangenheit habe die Angst vor einem Vorschriften machenden Gott "die Menschen erstickt und behindert", führt der griechisch-orthodoxe Patriarch aus. "Wahr ist genau das Gegenteil, und Religionsführer sollten sich selbst und dann die anderen daran erinnern, dass Gott Leben, Liebe und Licht ist." Auch für die Theologen der ersten Jahrhunderte sei der Ausgangspunkt immer die "liebevolle und Heil wirkende Gnade Gottes" gewesen. Diese zeige sich an jedem Menschen "ohne Diskriminierung oder Verachtung", schreibt Bartholomaios I.

Seit dem Erscheinen von "Amoris laetitia" im April wird innerkirchlich debattiert, ob wiederverheiratete Geschiedene unter bestimmten Umständen wieder zu den Sakramenten zugelassen werden können. Mitte November veröffentlichten vier Kardinäle einen Brief, in dem sie Papst Franziskus aufrufen, "Ungewissheiten zu beseitigen und Klarheit zu schaffen". Franziskus selbst sagte in einem Interview, es gebe im Leben nicht nur "Schwarz oder Weiß".

Kontroverse um "Amoris laetitia"

Bartholomaios I. betont ähnlich, Fragen zu Ehe und Scheidung, Sexualität und Kindererziehung beträfen gleichermaßen "empfindliche und kostbare Bruchstücke des heiligen Geheimnisses, das wir Leben nennen". Namen oder konkrete Positionen in der Kontroverse um "Amoris laetitia" nennt der Patriarch nicht. Er verweist aber auf die Diskussion, "inwieweit die betreffende Lehre weiterentwickelt oder verteidigt" und ob "besondere Normen bestätigt oder abgemildert" worden seien.


Quelle:
KNA
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