Chilenische Band interpretiert Weihnachtsgeschichte

Lateinamerikanische Klänge unterm Weihnachtsbaum

An diesem Sonntag gibt es in St. Bruder Klaus in Köln-Mülheim ein ganz besonderes Konzert: Rodrigo Tobar & Band präsentieren die Weihnachtsgeschichte mit rhythmischen Lateinamerika-Klängen. Sie selbst sind nach Deutschland migriert.

Die chilenische Band Rodrigo Tobar & Band auf ihrer Deutschlandtournee / © dr (DR)
Die chilenische Band Rodrigo Tobar & Band auf ihrer Deutschlandtournee / © dr ( DR )

domradio.de: Was ist der größte Unterschied zwischen deutscher und lateinamerikanischer Weihnachtsmusik? Zu welcher Musik tanzt das Christkind in Lateinamerika?

Candela: Auf Grund des unterschiedlichen Klimas in Lateinamerika ist dort an Weihnachten Sommer. Das sind ganz andere Rhythmen. Man feiert ausgelassener, fröhlicher, aber nicht weniger besinnlich. Die ganze Musik ist viel ist schneller. 

domradio.de: Was heißt schneller und fröhlicher? Wird da auch viel getanzt? 

Rodrigo: Ja! In jedem Land werden die Weihnachtslieder mit dem Rhythmus, der für das jeweilige Land typisch ist, gesungen. Bei uns wird dabei auch viel getanzt: am Strand, im Park oder auf der Straße – überall ist Musik.

domradio.de: Sie kommen aus Chile. Wie feiert man da Weihnachten? Welche besonderen Bräuche gibt es dort, die wir hier in Deutschland nicht kennen?

Rodrigo: In Chile gibt es auch Tannenbäume wie in Deutschland, aber bei uns beginnt die Weihnachtszeit erst mit der Mitternachtsmesse vom 24. auf den 25. Dezember. Der 24. Dezember ist bei uns noch ein ganz normaler Arbeitstag. Viele Menschen arbeiten bis 22 Uhr am Abend. Erst nach der Mitternachtsmesse gehen die Leute nach Hause und dann beginnt die große Familienfeier. Am Tag danach, am 25. Dezember,  feiern wir weiter. Dann ist unser Festhöhepunkt und es gibt eine große Bescherung.

domradio.de: Was ist das Typische bei Weihnachtsliedern in Lateinamerika?

Candela: Was bei uns viel gemacht wird, ist, dass die Weihnachtsgeschichte in den lokalen Kontext eingebettet wird. Es findet viel am Strand statt. Es ist wärmer und das merkt man besonders in den Texten und in den Rhythmen. Aber natürlich ist es bei uns dieselbe Weihnachtsgeschichte wie überall auf der Welt, die erzählt wird. Berühmte Lieder wie "Stille Nacht, heilige Nacht" gibt es auf Spanisch genauso und diese werden genauso gesungen wie in Deutschland. 

domradio.de: Eines Ihrer Lieder, das Sie am Wochenende auf dem Konzert  spielen, heißt "Qué Buoeno" – zu Deutsch "Wie gut". Das hat auf den ersten Blick nichts mit Weihnachten zu tun. Aber der Text beschäftigt sich mit der aktuellen Situation. Worum geht es in dem Lied?

Candela: In dem Lied wollten wir vor allem die Willkommenskultur in Deutschland aufgreifen. Zum Beispiel die schönen Bilder, die wir aus dem Münchner Bahnhof bei der Ankunft vieler Flüchtlinge gesehen haben. Wir wollen sagen, "Wie gut, dass die Flüchtlinge hier angekommen sind… Dass sie nach einer langen Flucht hier sicher sind… Wie gut, dass sie ihre eigenen Geschichten mitbringen… Wie gut, dass wir die Herausforderung als Land annehmen und gemeinsam meistern."

domradio.de: Bei dem Lied geht es um Flucht und Migration. Ist das ein Thema, das Sie immer wieder in Ihrer Musik beschäftigt? 

Rodrigo: Ja! Wir als Familie sind selbst als Migranten nach Deutschland gekommen. Das ist ein Thema, was auch immer wieder in unseren Produktionen vorkommt. Ich habe schon viele Migranten aus der ganzen Welt getroffen. Jeder von ihnen hat eine Geschichte zu erzählen. Manche Geschichten sind traurig, manche sind ganz positiv und glücklich. Das hat mich inspiriert, mich mit dem Thema noch mehr zu beschäftigen.

domradio.de: Sie sind  Mitte der 80er Jahre aus Ihrer Heimat Chile, wo eine Militärdiktatur herrschte, nach Deutschland gekommen. Kann man sagen, dass Sie selbst ein Flüchtling sind?

Rodrigo: Halb und halb. Mit meiner damaligen Band in Chile haben wir viele kulturelle Beiträge erarbeitet. Die haben eine wichtige Rolle gegen die Militärdiktatur gespielt. Doch es war für uns sehr schwierig, in Chile aufzutreten und unsere Musik zu verbreiten. Irgendwann kam die Einladung, eine Tournee in Europa zu machen. Wir sind hier angekommen und haben tolle Erlebnisse mit der Musik gemacht. Danach stand für mich die Entscheidung, dass ich gerne hier bleiben und eine Familie gründen wollte.

domradio.de: Was denken Sie, wenn Sie auf die aktuelle Flüchtlingsproblematik hier in Deutschland schauen und die Diskussion hören? 

Rodrigo: Ich finde, dass Migration eine positive Sache ist. Das ist eine Bereicherung für jede Gesellschaft. Sogar Papst Franziskus hat gesagt, dass die Flüchtlinge ein Geschenk für uns in Europa sind. Vom Anfang an gibt es in der Geschichte der Menschheit Migration. Ich denke, dass das immer eine positive Sache für die Menschheit war und ist. In Zukunft werden wir hier noch merken, dass die Haltung der Bundeskanzlerin von Deutschland zu würdigen ist.  

Das Interview führte Matthias Friebe.


Rodrigo Tobar & Band bei uns im domradio.de-Studio. / © dr (DR)
Rodrigo Tobar & Band bei uns im domradio.de-Studio. / © dr ( DR )
Quelle:
DR