Die bislang 14 ehrenamtlichen Mitarbeiter in der Online-Beratung würden zurzeit rund 50 Mal pro Woche angefragt, teilte die Bundesgeschäftsführerin Bianca Biwer am Dienstag in Mainz mit. Um das Angebot auszuweiten, sei der Weiße Ring auf der Suche nach weiteren Mitarbeitern im Rhein-Main-Gebiet. Die Berater werden eingehend geschult und selbst durch eine regelmäßige Supervision begleitet.
Schambesetzte Themen
Durch die Möglichkeit, erstmals völlig anonym Kontakt zu den Beratern aufzunehmen, erreicht der Weiße Ring nach eigenen Angaben viele Menschen, die sich zuvor nicht an die Beratungsstellen gewandt hätten. Auffällig sei die hohe Zahl von Männern, die sich beispielsweise nach erlittener Gewalt in der Partnerschaft per Internet bei der Opferschutzorganisation melden. "Es geht um viele schambesetzte Themen", sagte Ina von Bierbrauer zu Brennstein, eine der in der Online-Beratung tätigen Beraterinnen, dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die Ratsuchenden hätten völlig unterschiedliche Formen von Kriminalität erlebt, das Spektrum reiche von Diebstahl bis zu Cybermobbing, Missbrauch und andauernder häuslicher Gewalt. Manchmal falle es Menschen nach einem schlimmen Erlebnis leichter zu schreiben als zu sprechen, schilderte die Beraterin ihre Erfahrungen: "Schreiben kann auch psychologisch sinnvoll sein." Eingehende Anfragen würden von der Onlineberatung innerhalb von 72 Stunden beantwortet. Nachfragen seien möglich, ein Dialog im Chat sei jedoch nicht vorgesehen.
Auf Wunsch werden Verbrechensopfer an die Beratungsstellen des Weißen Rings oder an andere psychosoziale Organisationen vermittelt. Der Weiße Ring berät seit 40 Jahren Kriminalitätsopfer und bietet ihnen Unterstützung bei Behörden- und Gerichtsterminen an. Die 1976 gegründete Organisation mit Sitz in Mainz unterhält bundesweit rund 420 Außenstellen mit insgesamt 3.200 ehrenamtlichen Mitarbeitern. Mitbegründer und langjähriger Vorsitzender der Organisation war der 2009 gestorbene Fernsehmoderator Eduard Zimmermann ("Aktenzeichen XY ... ungelöst").