Die Nachricht vom Tod seines Vorgänger erfülle ihn mit tiefer Trauer, erklärte Bundespräsident Joachim Gauck am Dienstag in Berlin. "Mit Sachverstand, Klugheit und großer Lebenserfahrung trat er für unser Land und seine freiheitliche Verfassung ein."
Als Minister, als Präsident des Bundesverfassungsgerichts und als Bundespräsident seien ihm die Bürger- und Freiheitsrechte niemals nur abstrakte Begriffe gewesen, so Gauck. "Sein vorwärtsstrebender Mut verband sich mit einer charmanten Skepsis."
Bischöfe würdigen Herzog als engagierten Christen
Die katholischen Bischöfe haben Herzog als herausragende politische Persönlichkeit und engagierten Christen gewürdigt. "In prägenden Reden hat er die grundlegenden Probleme der Gesellschaft benannt und ist dafür eingetreten, dass Deutschland auch international Verantwortung übernimmt", erklärte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, am Dienstag in Bonn. "Roman Herzog war ein ermutigender Mensch, der Hoffnung und Zuversicht vermittelt hat."
Marx erinnerte auch an Herzogs "Ruck"-Rede von 1997. "Seine Erwartungen an die Gesellschaft von damals sind heute aktueller denn je, vor allem wenn er davon spricht, dass eine von Ängsten erfüllte Gesellschaft unfähig zu Reformen und damit zur Gestaltung der Zukunft werde." Am 26. April 1997 hatte Herzog im Hotel Adlon in einer Rede gesagt "Durch Deutschland muss ein Ruck gehen. Wir müssen Abschied nehmen von liebgewordenen Besitzständen. Alle sind angesprochen, alle müssen Opfer bringen, alle müssen mitmachen."
Als überzeugter Christ habe Herzog viel für die Kirchen getan, fügte der Münchner Erzbischof hinzu. Er erinnerte an dessen langjährige Mitgliedschaft in der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland und seine Mitherausgeberschaft der Wochenzeitung "Rheinischer Merkur" sowie viele Besuche auf Katholikentagen. 1996 habe er Papst Johannes Paul II. bei seinem Besuch in Deutschland begrüßt und begleitet.
Evangelische Kirche dankt Herzog für sein Engagement
"Roman Herzog hat das demokratische Selbstverständnis und die politische Kultur Deutschlands maßgebend mitgeprägt", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, am Dienstag. Der bayerische Landesbischof sagte weiter, Herzog habe stets deutlich werden lassen, "dass sein Engagement, Verantwortung für das Gemeinwesen zu übernehmen, in seinem Glauben wurzelte. Man spürte sein Gottvertrauen." Die evangelische Kirche sei dem verstorbenen Juristen besonders dankbar für seinen Einsatz als Vorsitzender der Kammer für Öffentliche Verantwortung von 1971 bis 1980 und als Mitglied in der Synode der EKD von 1973 bis 1991.
Innenminister, Verfassungsrichter, Bundespräsident
Vor seiner Amtszeit als Staatsoberhaupt war der Jurist Herzog zunächst Kultus- und Innenminister in Baden-Württemberg. 1983 wechselte er ans Bundesverfassungsgericht, dem er von 1987 bis 1994 als Präsident vorstand. Bundespräsident war er von 1994 bis 1999. Auf die Kandidatur für eine zweite Amtszeit hatte Herzog frühzeitig verzichtet. In den Jahren 1999 und 2000 stand Herzog auch dem Europäischen Konvent vor, der die Grundrechtecharta der Europäischen Union (EU) verfasste.
Herzog wurde in Landshut geboren und machte zunächst eine juristische Karriere an der Universität München. 1959 heiratete er Christiane Krauß und hatte mit ihr zwei Söhne. Nach deren Tod heiratete Herzog 2001 Alexandra Freifrau von Berlichingen und lebte seitdem auf deren Burg in Schöntal im Hohenlohekreis nördlich von Stuttgart.
Engagement für die evangelische Kirche
Neben seinen vielseitigen politischen Aktivitäten engagierte sich der Protestant auch für seinen christlichen Glauben und seine Kirche. Zwischen 1973 und 1991 gehörte Herzog der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) an, von 1978 bis 1983 stand er dem Evangelischen Arbeitskreis von CDU und CSU vor. Von 1981 bis 1994 hatte er zudem die Mitherausgeberschaft der Bonner Wochenzeitung "Christ und Welt - Rheinischer Merkur" übernommen.
Auch nach seiner Zeit als Bundespräsident setzte Herzog seinen Einsatz für christliche Fragen fort. So übernahm er zwischen 1996 und 2006 die Rolle des Kuratoriumsvorsitzenden der Hermann-Kunst-Stiftung zur Förderung der neutestamentlichen Textforschung. Die Stiftung unterstützt das Münsteraner Institut für Bibelforschung und genießt unter Theologen weltweit höchstes Ansehen.