Misereor beklagt fast hoffnungslose Situation in Syrien

Flucht oder Überlebenskampf

Trotz der offiziellen Waffenruhe in Aleppo beurteilt das Hilfswerk Misereor die Chancen für eine friedliche Zukunft in Syrien skeptisch. Machthaber Baschar al-Assad fühle sich als Kriegsheld gestärkt.

Hoffnungslose Lage in Syrien? / © Mohammed Badra (dpa)
Hoffnungslose Lage in Syrien? / © Mohammed Badra ( dpa )

Es gebe immer weniger Hoffnung auf eine Versöhnung zwischen der sunnitischen Bevölkerungsmehrheit, der alevitisch-schiitischen Minderheit und den radikalen Islamisten, erklärte Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon am Montag in Aachen. "Nachts hört man den Gefechtslärm außerhalb der Städte", berichtete Bröckelmann-Simon, der in der vergangenen Woche Hilfsprojekte in Damaskus, Homs und Aleppo besuchte, die von der katholischen Hilfsorganisation unterstützt werden.

Die Bevölkerung könne sich nur unzureichend mit Wasser, Grundnahrungsmitteln, Energie und Medizin versorgen, erklärte der Misereor-Geschäftsführer weiter. Es gebe viele völlig zerstörte Orte, in denen Menschen in den Trümmerbergen nach Brauchbarem suchten.

Ordensgemeinschaften verteilen Wasser

Wegen der ungewissen Zukunft im siebten Jahr des Bürgerkrieges rechnet der Misereor-Geschäftsführer mit weiteren Syrienflüchtlingen. Die Menschen hätten kaum noch Hoffnung auf eine politische Lösung durch die internationale Staatengemeinschaft. Machthaber Baschar al-Assad fühle sich als Kriegsheld gestärkt, ein Regimewechsel sei nicht in Sicht. Die Wehrpflicht sei für Männer zwischen 18 und 50 Jahren ausgeweitet worden, der wirtschaftlich aktive Bevölkerungsteil werde zwangsrekrutiert. "Wer nicht in einen unvorstellbar grausamen Krieg ziehen will, muss sich verstecken oder fliehen", erklärte Bröckelmann-Simon.

Der Misereor-Geschäftsführer kündigte an, die Projektpartner in diesem Jahr mit eineinhalb Millionen Euro zu unterstützen. Damit sollen vor allem syrische Binnenflüchtlinge mit dem Überlebensnötigsten wie Nahrung, Wasser, Medikamenten und Bildung versorgt werden. Mit finanzieller Unterstützung aus Deutschland verteilten die in Syrien ausharrenden Ordensgemeinschaften der Franziskaner und Jesuiten Nahrungsmittel und Trinkwasser an Vertriebene, berichtete Bröckelmann-Simon. Syrische Christen, die etwa fünf Prozent der Bevölkerung ausmachten, hätten zwar noch relativ viel Freiheit, sie seien jedoch extrem verunsichert. Misereor unterstützt zurzeit in Syrien und im Libanon insgesamt 21 laufende Projekte mit einer Gesamtsumme von mehr als 7,2 Millionen Euro.

Gespräche geplant

Für den 8. Februar ist eine Neuauflage der Syrien-Gespräche angekündigt. Mehrere Verhandlungsrunden waren zuvor gescheitert. In Syrien stehen sich das Regime des Machthabers al-Assad, Rebellenorganisationen und Terrorgruppen gegenüber. Seit Ende Dezember herrscht eine Waffenruhe, die aber brüchig ist. In dem 2011 begonnenen Konflikt starben Hunderttausende Menschen. Millionen Männer, Frauen und Kinder sind auf der Flucht.

 

Martin Bröckelmann-Simon, Misereor-Geschäftsführer (KNA)
Martin Bröckelmann-Simon, Misereor-Geschäftsführer / ( KNA )
Quelle:
epd