domradio.de: Wie ist denn das Boot in die Kirche gekommen?
Pfarrer Max Offermann (St. Martin, Euskirchen): Ein Hubkran und einem Gabelstapler haben es möglich gemacht und das Boot in die Kirche bewegt. Es wurde über die Bank gehievt, um schließlich Platz unter dem Altar auf einem großen Podest zu finden. Das war wirklich ein großer Aufwand, den wir da betrieben haben.
domradio.de: Welche Funktion hat das Boot bei Ihnen in der Kirche?
Pfarrer Offermann: Bei uns ist das Boot so aufgebaut, dass es mit dem Altar auf einer Ebene steht. Ich kann an dem Boot die Heilige Messe feiern. Das Boot soll deutlich machen: Christus sitzt mit uns im Boot, gemeinsam mit den Flüchtlingen.
domradio.de: Auf Ihrer Internetseite habe ich gelesen, dass ein Rahmenprogramm auch um dieses Boot herum organisiert wurde. Was ist da für Sie ganz persönlich ein Höhepunkt?
Pfarrer Offermann: Wir hatten an diesem Wochenende schon zwei Gottesdienste. Einmal hat der Caritas-Direktor Dr. Hensel über seine Erfahrungen mit der Flüchtlingsarbeit und von den Besuchen in Flüchtlingslagern in Syrien und Jordanien berichtet und einmal der Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp. Beide haben uns ihre Eindrücke vermittelt. Das war sehr bewegend, wie die beiden Herren aus ihrer Erfahrung berichtet haben.
domradio.de: Es gibt auch ein interreligiöses Gebet?
Pfarrer Offermann: Wir haben hier in Euskirchen muslimische Gemeinden, orthodoxe Gemeinden, Freikirchen, die evangelische Kirche. Wir Katholiken werden am 15. Februar zusammenkommen und ein interreligiöses Gebet halten. Das ist sicherlich nicht nur theologisch spannend. Sondern ich denke, wenn das möglich ist, dass Religionen zusammenkommen, um in einer Sache gemeinsam zu beten - jeder muss es auf seine Weise tun - sind wir einen guten Schritt auf den Frieden zugegangen.
domradio.de: Wie hat die Gemeinde die Ankunft dieses Bootes aufgenommen?
Pfarrrer Offermann: Das war im Vorfeld spannend. Viele haben sicherlich das Boot erwartet. Es gab auch kritische Stimmen. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Gestern war unsere Kirche beim Abendgottesdienst brechend voll und man konnte während des Gottesdienstes eine Stecknadel fallen hören. Heute morgen war es ähnlich. Ich würde sagen, mit Sicherheit befürwortet der größte Teil der Gemeinde die Anwesenheit dieses Bootes sehr.
domradio.de: Wie ist denn bislang die Gemeinde mit den Flüchtlingen umgegangen?
Pfarrrer Offermann: Seit Beginn haben wir versucht, unseren Teil dazu beizutragen, dass Menschen aus einem anderen Kulturkreis bei uns Heimat finden. Wir haben Schul- und Sprachunterricht sowie ein Flüchtlingscafé angeboten, bei der Wohnungssuche geholfen, Treffen von arabischen Frauen mit ihren Kindern organisiert, so dass das Boot noch einmal eine Möglichkeit ist, die Gemeinde zu sensibilisieren.
domradio.de: Nehmen Sie denn eine Veränderung wahr?
Pfarrrer Offermann: Ich befürchte, wir befinden uns alle in dem gleichen Dilemma, dass wir uns an Medienberichte gewöhnen - auch und besonders dann, wenn es um die Not der Menschen geht. Die Euphorie in meiner Gemeinde war anfangs sehr groß, den Menschen zu helfen. Wir haben enorm viele Freiwillige, die sich in vielfältiger Art und Weise engagieren. Aber ich muss auch sagen, dass diese Euphorie zu helfen, wo man helfen kann, etwas abgeflaut ist. Ich hoffe, dass durch die Anwesenheit des Bootes die Herzen der Menschen noch einmal angerührt werden.
Das Interview führte Christoph Paul Hartmann