Der erste Eindruck zählt. Name, Alter und Foto, vielleicht noch Beruf und Musikgeschmack - für einige Singles mag das reichen, um sich auf einer Dating-Seite ein Bild des potenziellen Partners zu machen. Doch für viele Muslime zählt bei der Partnersuche auch die Religion. Bei "Muzmatch.com" können sie solche Informationen finden. Nutzer, die sich bei der Dating-App anmelden (Motto: "Where single Muslims meet - Halal, free, and fun") müssen Fragen zu ihrer Religiosität beantworten, wie oft sie beten, ob sie Alkohol trinken und wie bald sie heiraten wollen.
Muzmatch-Gründer Shahzad Younas arbeitete 2014 als Investment-Banker in London, als Datings-Apps wie Tinder und Bumble in Großbritannien immer beliebter wurden. "Aber es gab nichts für Muslime. Im Allgemeinen daten Muslime nicht wirklich. Sie versuchen nur zu heiraten. Und es ist schwer, auf diesen Apps einen anderen Muslim zu finden", sagt Younas der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb gründete er seine eigene Dating-Seite, um praktizierenden Muslimen bei der Partnersuche zu helfen.
Bei "Muzmatch" werden muslimische Gepflogenheiten berücksichtigt
Dort können Nutzer ihre Suche auch nach Herkunft filtern. "Vielleicht bist du ein britischer Pakistaner, der nur andere Pakistaner sucht, oder nur schiitische oder sunnitische Muslime. Wir hatten auch schon relativ viele, die jemanden aus dem Ausland geheiratet haben, statt nur in ihrer eigenen Region zu suchen", sagt Younas. Rund die Hälfte der Nutzer stammten aus Großbritannien, ein Drittel aus Nordamerika und der Rest aus der ganzen Welt - darunter auch Singles aus Deutschland und Frankreich.
Auf der Seite werden muslimische Gepflogenheiten berücksichtigt. Beispielsweise können Nutzer ihr Profilbild solange versteckt halten, bis sie es für schicklich halten, es dem anderen zu zeigen. Damit sich alle anständig verhalten, gibt es auch eine Funktion, die es Dritten erlaubt, eine Online-Unterhaltung zu überwachen.
Younas sagt: "Viele Muslime haben jemanden dabei, der auf sie aufpasst, wenn sie einen potenziellen Partner treffen. Gemäß der islamischen Tradition sollte noch jemand involviert sein, wenn ein Mädchen mit einem Mann redet. In der App kann man einen solchen Begleiter haben. Das kann ein Bruder sein, oder wer auch immer."
Zustimmung der Familie ist weiterhin wichtig
Sana Ikram (24) und ihr Ehemann Hakam (24), die seit acht Monaten verheiratet sind, haben muslimische Traditionen mit Muzmatch teils gewahrt und teils gebrochen. "Es fühlt sich an, also ob ich eine arrangierte Ehe hatte. Aber ich habe sie selbst arrangiert», erklärt Sana der dpa. So habe sie ihren zukünftigen Mann erst zum Zweck der Eheanbahnung kennengelehnt. Hakam sieht das anders: "Ich habe mich verliebt, bevor ich geheiratet habe - und ich wollte jemanden heiraten, in den ich verliebt war."
Keiner der beiden hat eine Vaterfigur. Deshalb konnten sie nicht der Tradition folgen, nach der der Familienvater Eheangebote prüft und als Begleiter fungiert. Doch selbst diejenigen, die noch beide Eltern haben, finden ihre Ehepartner heute lieber selbst, meint Hakam. Dennoch sei die Zustimmung der Familie zu einer Ehe noch immer sehr wichtig, sagt Sana. Weil sie allein bei ihrer Mutter aufwuchs, bat sie ihre Großmutter und ihren weiteren Familienkreis, Hakam zu treffen, bevor sie sich für ihn entschied.
Während ihrer zweijährigen Suche nach dem perfekten Ehemann traf sie nur einen weiteren Kandidaten. Doch in seinem Fall war seine Familie gegen die Verbindung. "Meine Mutter hat deutlich gesagt, wie unabhängig ich bin, dass ich für meine Arbeit reise, und dass ich nicht zu Hause bleiben möchte. Scheinbar gefiel ihnen das nicht", sagt Sana. Dennoch wollten britische Muslime noch immer einen Lebenspartner kennenlernen, der ihren Glauben teilt, meint sie. "Es gibt keinen Grund zu heiraten, wenn wir nicht denselben Glauben haben. Die Ehe ist eine religiöse Einrichtung."