Die ruandische Tageszeitung "New Times" zitiert den Präsidenten des Opfervereins IBUKA ("Erinnerung"), Jean Pierre Dusingizemungu, mit den Worten: "Weil Papst Franziskus anders als seine Vorgänger handelt, hatten wir immer die Hoffnung, er würde sich zur Rolle der katholischen Kirche während des Genozids äußern." Der Zeitpunkt knapp drei Wochen vor dem offiziellen Gedenktag für die Völkermordopfer am 7. April sei "gut gewählt" und gebe der Veranstaltung neue Bedeutung.
Laut Dusingizemungu werde die Entschuldigung des Papstes aufgrund des großen Einflusses der katholischen Kirche zum Kampf gegen die Leugnung des Völkermords beitragen. Auch die Strafverfolgung in Ruanda könne dadurch neuen Schwung erhalten: "Jetzt sollte die Jagd auf die Verantwortlichen des Genozids neu aufgenommen werden, vor allem auf diejenigen aus den Reihen der Kirche wie Munyeshyaka." Ein Gericht in Ruanda hatte Pfarrer Wenceslas Munyeshyaka in Abwesenheit wegen Beihilfe zum Genozid schuldig gesprochen. Bisher waren aber alle Versuche erfolglos, den Geistlichen aus seinem französischen Exil ausliefern zu lassen, wo er nach wie vor Gottesdienste leitet.
Dem Hass verfallen
Auch der Vorsitzende von Ruandas "Kommission gegen Völkermord" (CNLG), Jean-Damascène Bizimana, begrüßte die Papst-Aussage als "positiven Schritt" und eine "neue Entwicklung". Jedoch äußerte auch er Sorge über Geistliche, "die in Übersee weiterhin Völkermord-Ideologie und Verleugnung säen". Dies seien auch heute noch Verbrechen gegen die Menschlichkeit, so Bizimana.
Bei einem Besuch von Ruandas Präsident Paul Kagame im Vatikan hatte der Papst am Montag um Vergebung gebeten für die "Sünden und Fehler der Kirche und ihrer Mitglieder" während des Genozids an den Angehörigen der Volksgruppe der Tutsi. Auch Priester und Ordensleute seien dem Hass und der Gewalt verfallen. Damit hätten sie das Evangelium verraten und das "Antlitz der Kirche entstellt", so der Papst.
Bitte um Vergebung
Mit seiner Wortwahl ging Franziskus weiter als die katholischen Bischöfe Ruandas. Die Bischofskonferenz des Landes hatte im November 2016 erstmals um Vergebung gebeten für die Beteiligung von Geistlichen an den ethnischen Massakern von 1994. Eine Schuld der Kirche als Institution verneinten die Bischöfe jedoch. Die Regierung Ruandas kritisierte die Erklärung als unzureichend, weil die Kirche sich darin nicht zu einer Kollektivschuld bekenne.
Während des Völkermords 1994 im ostafrikanischen Ruanda wurden binnen drei Monaten bis zu 800.000 Tutsi und gemäßigte Hutu von radikalen Hutu-Milizen ermordet. Viele Menschen wurden auch in Gotteshäusern umgebracht, in die sie sich geflüchtet hatten. Sie wurden zum Teil von Hutu-Priestern oder Ordensleuten an ihre Verfolger ausgeliefert.