domradio.de: Rund 2.000 Männer liefen 2016 beim Gang abends durch die Kölner Innenstadt. Rechnen Sie wieder mit so vielen Teilnehmern?
Pater Werner Holter (Stadt-Männerseelsorger in Köln): Wenn das Wetter mitspielt auf jeden Fall. Wobei 2.000 Männer ist ein bisschen hoch gegriffen. Es sind sicherlich 2.000, wenn man die Männer zusammenzählt, die nach Kalk pilgern und wieder zurück in den Dom. Teilweise sind auch schon ältere Herren dabei. Dauerteilnehmer, da rechne ich immer so mit 1.000.
domradio.de: Der Gang startet ja von mehreren Punkten aus. Welche Stationen sind ihr Ziel?
Holter: Ich selber gehe von Maria im Kapitol aus. Das liegt St. Peter am nächsten. Dort habe ich den Eindruck, treffen sich auch die meisten Männer. Andere kommen dann von Maria in der Kupfergasse und St. Heribert. Und so schließt sich eine Gruppe nach der anderen an. Unser Ziel ist die Gnadenkapelle dann in Kalk. Dort beten wir auch, singen Lieder und gehen wieder zurück zum Dom zum Abschluss-Gottesdienst.
domradio.de: Die Wallfahrt findet seit über 80 Jahren am Vorabend des Passionssonntags statt. Anfang der Dreißiger Jahre gingen bis zu 30.000 Männer auf die Straße und setzten damit ein Zeichen gegen das NS-Regime. Ist der Gang heute auch noch so politisch?
Holter: Nein, denn man kann ja nicht gegen einen freiheitlich-rechtlichen Staat protestieren. Es ist eher ein Gang, der individuell geprägt ist. Das Schweigen ist auch etwas, wo Menschen meditieren, ins Gebet kommen, einfach mal ein Stück weit Pilgerweg gehen und vielleicht auch ihr Leben reflektieren. Das ist nicht nur meine Erfahrung, sondern auch die Erfahrung vieler, mit denen ich spreche.
domradio.de: Wie erleben denn die Teilnehmer diesen Gang? Immerhin schweigen sie den ganzen Abend lang und werden ja auch von den Kölnern "bestaunt", wenn sie durch die Straßen gehen. Wie ist so das Gefühl als Schweigender?
Holter: Es wäre natürlich mein Wunsch, wenn alle schweigen könnten. Man begrüßt sich natürlich nochmal, wenn seitwärts jemand dazustößt und man jemanden kennt. Das soll ja nicht verboten werden. Aber Menschen am Straßenrand fragen immer: Was macht ihr da? Gegen wen protestiert ihr? Weil es ja üblich ist, dass, wenn Menschen in Bewegung sind, sie gegen etwas protestieren. Wir tun das natürlich nicht, sondern wir gehen durch die Straßen, wir schweigen, wir gehen besinnlich und geben somit ein Zeugnis für den Glauben.
Das Interview führte Tobias Fricke.