Eichstätter Bischof Hanke zu 70 Jahre "Kirche in Not"

"Nicht nur eine Geberorganisation"

Das katholische Hilfswerk "Kirche in Not" feiert in diesem Jahr sein 70-jähriges Bestehen. Ein Interview mit dem Vorstandsvorsitzenden des deutschen Zweigs, Bischof Gregor Maria Hanke, über die Besonderheiten der Organisation.

Autor/in:
Christoph Renzikowski
Bischof Gregor Maria Hanke im Portrait / © Harald Oppitz (KNA)
Bischof Gregor Maria Hanke im Portrait / © Harald Oppitz ( KNA )

Katholische Nachrichten-Agentur (KNA): Der niederländische Ordensmann Werenfried van Straaten sammelte 1947 bei seinen flämischen Landsleuten Geld und Lebensmittel, um heimatvertriebenen deutschen Katholiken zu helfen. Daraus entstand eine weltweit tätige päpstliche Stiftung. Bischof Hanke, haben Sie noch persönliche Erinnerungen an den "Speckpater"?

Gregor Maria Hanke (Bischof von Eichstätt und Vorstandsvorsitzender des deutschen Zweigs von "Kirche in Not"): Direkt nicht, aber an das "Echo der Liebe»", das er ins Leben rief und verschickte. Das war bei uns zu Hause Standardlektüre. Meine Eltern kommen ja aus dem Osten und zählten damit zur Adressatengruppe des "Speckpaters" Werenfried van Straaten. Ich erinnere mich noch, wenn diese Schrift aus Königstein eintraf, hat meine Mutter uns Kindern laut daraus vorgelesen.

Gründer Werenfried van Straaten / © Nadine Loesaus (KNA)
Gründer Werenfried van Straaten / © Nadine Loesaus ( KNA )

KNA: "Kirche in Not" war bis vor kurzem noch mit dem Zweitnamen "Ostpriesterhilfe" unterwegs. Was hat es damit auf sich?

Hanke: Bei uns in der deutschen Sektion ist der Name noch präsent im Vereinstitel, aber für das Gesamtwerk hat er nicht mehr diese Bedeutung. Die Bezeichnung stammt aus Werenfrieds Zeiten, in der das Werk Priestern und Gläubigen hinter dem Eisernen Vorhang half. Heute wird die Kirche nicht mehr in den Ländern des früheren Ostblocks verfolgt, sondern in ganz anderen Gegenden außerhalb Europas. So hat sich der Fokus von "Kirche in Not" auch in Folge historischer Ereignisse verschoben.

KNA: In Deutschland gibt es eine Fülle katholischer Hilfswerke, die weltweit operieren. Was ist das besondere Profil von "Kirche in Not"?

Hanke: Zunächst einmal ist "Kirche in Not" als eine päpstliche Stiftung transnational. Und es ist nicht nur eine Geberorganisation. Aufstrebende Nationalbüros wie Brasilien, früher ein reines Empfängerland, übernehmen inzwischen selbst Verantwortung. Mit steigender Tendenz werden Spenden im wohlhabenderen Süden Brasiliens akquiriert. Das Geld wandert in den Gesamttopf, aus dem etwa verfolgte Christen im Nahen Osten unterstützt werden. So ergibt sich ein Kreislauf des Gebens und Nehmens. Das finde ich das Spannende an "Kirche in Not".

Kirche in Not

KIRCHE IN NOT ist ein pastorales Hilfswerk, das sich rein aus Spenden finanziert. Es hilft vor allem bei der Aus- und Weiterbildung von Seminaristen, Priestern und Ordensleuten, bei Bau und Renovierung von Ausbildungsstätten und Kirchen, beim Übersetzen und Verlegen der Bibel und anderer religiöser Literatur und bei der Ausstrahlung religiöser Rundfunkprogramme.

KIRCHE IN NOT / Ostpriesterhilfe Deutschland e. V. (KiN)
KIRCHE IN NOT / Ostpriesterhilfe Deutschland e. V. / ( KiN )

KNA: Es gibt inzwischen 24 Nationalbüros. Welche Rolle spielt die deutsche Sektion in der "Kirche in Not"-Familie?

Hanke: Deutschland ist historisch gesehen ein wichtiges Land, weil Pater Werenfried hier gewirkt und das Werk maßgeblich aufgebaut und weiterentwickelt hat. Aber ganz klar: Im Konzert der Sektionen sind wir nur eine unter anderen. Wobei die anderen Länder genau auf uns schauen - manchmal auch mit der Sorge, wir könnten zu dominant sein. Dabei liegt das Spendenaufkommen etwa in Frankreich um einiges höher als bei uns.

KNA: Was gibt es denn in Deutschland, was es so in Spanien oder Frankreich nicht gibt?

Hanke: Wir in Deutschland sind noch mit dem aus der Anfangszeit herrührenden Auftrag zur Katechese eng verbunden. Wir haben zum Beispiel in der Geschäftsstelle in München ein eigenes Fernsehstudio und produzieren dort Interviews, etwa mit Bischöfen aus dem Mittleren Osten, die wir dann den Medien anbieten. Um unsere Förderer zu stärken und den Kontakt mit ihnen zu halten, legen wir katechetische Kleinschriften wie den Glaubens-Kompass auf oder die Prayerbox, die bei Weltjugendtagen sehr beliebt ist. Diesen missionarischen Ansatz gibt es so in anderen Ländern nicht.

KNA: Sie bekommen keine Kirchensteuermittel und haben auch keinen Kollektentermin im Kirchenjahr. Haben Sie es dadurch schwerer, an Spenden zu kommen?

Hanke: Da uns das breit angelegte Netzwerk der verfassten Kirche nicht zur Verfügung steht, müssen wir schon kreativ sein, um neue Freunde zu gewinnen und eigene Kanäle zu schaffen. Aber ich denke, wir haben so gute Ziele, die die Menschen bewegen, dass sich immer wieder neue Wohltäter finden.

KNA: "Kirche in Not" fördert auch unkonventionelle Ansätze in der Seelsorge, von den Kapellenschiffen auf der Wolga bis zum Beichtmobil. Wie finden Sie diese Aktionen?

Hanke: Sehr gut. Das Beichtmobil ist nach wie vor unterwegs, und zwar ganz bewusst außerhalb des kirchlichen Kernbereichs, zum Beispiel auf Messen für Campingbedarf und Freizeit oder in Fußgängerzonen. Pater Hermann-Josef Hubka, der das Beichtmobil betreut, kommt dabei mit Menschen in Kontakt, die sonst mit Kirche nichts mehr am Hut haben.

KNA: Sie sind ja auch gern draußen unterwegs. Wäre das was für Sie, im umgebauten Campingbus Beichte hören?

Hanke: Ich könnte es mir schon vorstellen. Wenn ich Bischof emeritus bin, wäre das vielleicht eine schöne Nebenbeschäftigung.

 

Quelle:
KNA