Ein Halbmond und ein Kreuz schweben über der Sphinx und der Cheops-Pyramide; im Vordergrund der Papst mit einer weißen Taube. "Der Papst des Friedens in einem Ägypten des Friedens", steht daneben auf Englisch und Arabisch. Die Plakate, die am Freitag Franziskus' Weg vom Flughafen in die Kairoer Innenstadt säumen, wollen drei Wochen nach den blutigen Anschlägen auf zwei koptische Kirchen das Bild eines anderen, friedlichen Ägypten vermitteln; einem Land, in dem Kopten und Muslime einvernehmlich zusammenleben.
Ägypter nehmen kaum Notiz
Dazu passt, dass anfangs vor allem Anzugträger dezent am Straßenrand auf Posten stehen und nur wenig uniformierte Polizisten oder Soldaten zu sehen sind, als Franziskus im ungepanzerten Fiat Tipo durch das Häusermeer fährt. Die Ägypter nehmen derweil kaum Notiz von dem Gast aus Rom.
Er wolle der islamischen Welt eine "Botschaft der Brüderlichkeit und der Versöhnung" bringen, hatte Franziskus kurz vor der zweitägigen Reise gesagt. So hielt er eine erste Rede auf ägyptischen Boden nicht, wie bei Auslandsreisen in der Regel üblich, vor führenden Repräsentanten des Landes. Franziskus ging in die Al-Azhar-Universität, die angesehenste Lehrstätte des sunnitischen Islam. Auch ohne Applausometer war zu hören, dass der Papst mehr Beifall für seine Rede bekam, als sein Gastgeber, der Großscheich von Al-Azhar, Mohammed Ahmed al-Tayyeb. Diesen nannte Franziskus abweichend vom Redetext "meinen Bruder, den Großimam". Der Papst forderte Christen und Muslime zu einer "Erziehung zur respektvollen Offenheit und zum aufrichtigen Dialog" auf.
Internationale Friedenskonferenz
Die internationale Friedenskonferenz, zu der der Großscheich eingeladen hatte, war ein christlich-muslimisches Gipfeltreffen, wie es zuvor noch nie stattgefunden hatte. Denn außer dem Papst waren auch das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Christenheit, Patriarch Bartholomaios I., sowie Spitzenvertreter der katholischen und orthodoxen Kirchen im Nahen Osten gekommen. Das Besondere war nicht zuletzt, dass die Einladung von muslimischer Seite ausging.
In seiner anschließenden Ansprache vor führenden Vertretern der ägyptischen Gesellschaft rief Franziskus das Land dazu auf, eine Führungsrolle bei der Eindämmung von Terrorismus und Gewalt wahrzunehmen. Aufgrund seiner Geschichte und seiner besonderen geografischen Lage nehme Ägypten eine "unersetzbare Rolle im Nahen Osten und unter den Ländern ein, die nach Lösungen für brennende und komplexe Probleme suchen", so der Papst. Auffallend war, dass Franziskus den ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah al-Sisi ausdrücklich für seine klaren Stellungnahmen gegen den islamistischen Terrorismus lobte. So einen päpstlichen Ritterschlag gibt es nicht für jedes Staatsoberhaupt. Wie sonst auch nahm Franziskus selbst das Wort "islamistisch" allerdings nicht in den Mund.
Papst spricht Menschenrechtslage an
Bei aller offensichtlichen Rücksichtnahme auf al-Sisi sparte der Papst die schwierige Lage der Menschenrechte nicht aus: Voraussetzung für Entwicklung, Wohlstand und Frieden seien "vor allem bedingungsloser Respekt vor den unveräußerlichen Menschenrechten" wie die Gleichheit aller Bürger, die Religions- und Meinungsfreiheit ohne jeden Unterschied, so Franziskus. Zudem betonte der Papst, dass es nicht ausreiche, Gesetze zu haben, sie müssten auch angewendet werden. Das war auch eine Kritik am Umgang mit den Kopten, die zwar laut Verfassung gleichberechtigt sind, im Alltag aber häufig als Bürger zweiter Klasse behandelt werden.
Die jüngsten Anschläge auf zwei koptische Kirchen sprach Franziskus an, ohne sie jedoch in den Vordergrund zu stellen. Bereits zu Beginn der Friedenskonferenz hatte Großscheich Ahmed al-Tayyeb mit dem Aufruf zu einer gemeinsamen Schweigeminute der Toten des Doppelanschlags gedacht. In seiner Rede erinnerte Franziskus zunächst an alle Sicherheitskräfte, die für den "Schutz ihres Vaterlandes" ihr Leben gelassen hätten, bevor er die koptischen Opfer von Terroranschlägen nannte. Bei seiner Ansprache vor dem koptischen Papst Tawadros legte er später den Schwerpunkt auf die Märtyrer der Vergangenheit; gemeinsam beteten beide vor der Kirche Sankt Peter und Paul für die Opfer des Anschlags vom Dezember, als 29 Menschen ums Leben kamen.