Es ist sein Antrittsbesuch. Seit September vorigen Jahres ist Stefan Oster Jugendbischof der katholischen Kirche in Deutschland. Am Freitag stellt sich der für klare Worte bekannte Oberhirte der Diskussion - bei der Hauptversammlung des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im bergischen Odenthal-Altenberg. Und es wird hitzig.
Kritik an den katholischen Jugendverbänden
Oster ahnt das. Denn in seiner Powerpoint-Präsentation schlummern nicht nur freundliche Grußworte, sondern schonungslose kirchliche Analyse und ziemlich viel Kritik an den katholischen Jugendverbänden, von denen sich 17 mit 660.000 Mitgliedern im BDKJ zusammengeschlossen haben. "Ich liebe das offene und ehrliche Wort, auch wenn es kontrovers ist", stimmt der Bischof schon mal auf den zu erwartenden Meinungsstreit ein. Zugleich präsentiert er sich als Lernender.
Entscheidend sei, dass man sich bei allen Unterschieden mit einer "Hermeneutik des Wohlwollens" begegne. Reibung erzeuge Wärme, hatte der Passauer Bischof schon früher in einem Interview gesagt.
(Noch) nicht den richtigen Weg gefunden
In seinem Statement beklagt Oster einen "Relevanzverlust von Glaube in der Gesellschaft" und fragt, wie dem zu begegnen ist. Die katholischen Jugendverbände haben da aus seiner Sicht - noch - nicht den richtigen Weg gefunden. Er lobt zwar ihren Einsatz für Flüchtlinge und gegen Rassismus, begrüßt auch ihre demokratische Beteiligungskultur - gerade in Zeiten von Populismus und autoritärem Präsidentengehabe. Oster will aber mehr. "Wir sind nicht zuerst Politik, wir sind zuerst Kirche", betont er. Viel zu wenig sprächen die Verbände vom Proprium der Kirche: von Jesus Christus. Für ihn geben sich die Verbände mit einer "Lightversion des Evangeliums" zufrieden. Im BDKJ-Positonspapier "Theologie der Verbände" etwa verkomme dieser "zu einer Karikatur". Er sei alles andere als "so ein Netter", der nur das bestätige, "was wir sind und tun".
Aus Sicht Osters haben die Verbände vergessen, Jesus als denjenigen zu verkündigen, der den Einzelnen zur persönlichen Entscheidung herausfordere. Und mit Bibelzitaten wie "Jeder nehme sein Kreuz auf sich" unterstreicht er, dass dies auch ziemlich unbequem sein kann.
Fülle von Reizthemen
Der Bischof räumt ein, dass eine Identifikation mit der Kirche schwierig sei und der "Zaun von Reizthemen" - Zölibat, Nein zu homosexueller Praxis oder keine Weiheämter für Frauen - wie eine Blockade wirke. Deshalb komme es darauf an, zuerst die Kirche als Wohnort Gottes erfahrbar zu machen. Und dann, aus einer Innensicht, könne sich auch der Blick auf die Reizthemen verändern. Wie Oster sich katholische Jugend vorstellt, wird klar, als er die österreichische Loretto Gemeinschaft lobt, die ein starkes Gebetsleben in den Vordergrund rückt. Wünschenswert findet er auch, dass die Jugendlichen gegen Abtreibungen auf die Straße gehen.
Auch die Verbandsvertreter scheuen nicht die Kontroverse und widersprechen ordentlich. BDKJ-Bundespräses Pfarrer Dirk Bingener weist entschieden den Vorwurf der "Lightversion des Evangeliums" zurück. Reibung könne auch Kälte erzeugen, meint er mahnend in Richtung Jugendbischof. Und der BDKJ-Bundesvorsitzende Wolfgang Ehrenlechner fordert, den "Zaun der Reizthemen" einfach niederzureißen, damit Menschen zu Kirche und Glauben finden könnten.
Oster will herausfordern
Die Vorsitzende der Deutschen Pfadfinderschaft Sankt Georg (DPSG), Kerstin Fuchs, betont, dass es "Glaube in der Tat" und nicht nur im Gottesdienst gebe. Thomas Andonie, Landesleiter der Kolpingjugend in Bayern, teilt mit dem Bischof zwar das Anliegen des Lebensschutzes, scheut aber die "Demo für alle" oder den "Marsch für das Leben", weil er dort auch homophobe, islamfeindliche und rechtspopulistische Gruppierungen ausmacht.
Bei aller Härte endet die Diskussion versöhnlich und mit dem Wunsch, weiter miteinander zu reden. "Ich will euch nicht niedermachen", betont Oster, "wohl aber herausfordern". Ein DPSG-Vertreter dankt ihm, dass er sich "so ernsthaft" mit dem BDKJ auseinandersetze. Das sei besser als "weichgespülte Worte". Und ein anderer Delegierter meint zum Bischof: "Ich finde es in Ordnung, dass Sie frech sind - wenn Sie uns zugestehen, dass wir frech sind."