Türkischen Medienberichten (Sonntag) zufolge versammelte sich am Samstagmorgen um vier Uhr eine Menschenmenge auf dem Sultan-Ahmed-Platz und skandierte: "Brecht die Ketten! Öffnet die Aya Sofya!" Anschließend hätten sie zusammen das Morgengebet gesprochen. Nach dem Gebet verließ die Gruppe demnach den Platz vor dem Museum. Anlass war der Jahrestag der osmanischen Eroberung Istanbuls am 29. Mai 1453.
Die Organisatioren der Demonstration, die Jugendorganisationen AGD und die MGV, sind offiziell Nichtregierungsorganisationen; sie gelten aber als regierungsnah und ultrareligiös. Auf ihrer Facebook-Seite wirbt die AGD mit dem Slogan "Glaube und Heiliger Krieg".
Wechselhafte Geschichte
Die Hagia Sophia (griechisch "heilige Weisheit") wurde 537 unter dem byzantinischen Kaiser Justinian erbaut. Bis zur Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen war sie das größte Gebäude der Christenheit. Die neuen Machthaber wandelten die Kirche in eine Moschee um, was sie 481 Jahre lang blieb. Der säkulare Gründer der modernen Türkei, Mustafa Kemal "Atatürk", ordnete 1934 die Umwandlung in ein Museum an.
Der rötliche Kuppelbau ist ein Wahrzeichen der Stadt und Touristenmagnet. Er liegt gleich neben dem Topkapi-Palast in der historischen Altstadt auf der europäischen Seite Istanbuls. Vor dem Einbruch des Tourismus 2016 besuchten jährlich mehr als drei Millionen Urlauber die Hagia Sophia.
Ultrareligiöse Forderungen
Seit einigen Jahren mehren sich Stimmen von türkischen Hardlinern und Ultrareligiösen, die eine Rückumwandlung in eine Moschee fordern. Für manche Anhänger von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan wäre das nicht zuletzt ein Symbol für eine "Wiederentstehung des Osmanischen Reiches".
Im Juni 2016 las in dem Gebäude erstmals seit 1934 wieder ein Geistlicher aus dem Koran. Einen Monat später rief ein Imam von dort aus zum Morgengebet auf. Die griechische Regierung protestierte. Für die Griechen und insbesondere für die orthodoxen Christen ist das Gebäude noch immer ein kultureller Fixpunkt.