Der am Mittwoch in Berlin startende evangelische Kirchentag wird bei seiner Eröffnung der Opfer des Anschlags von Manchester gedenken. "Wir werden die schrecklichen Ereignisse von Manchester in den Eröffnungsgottesdienst aufnehmen", sagte eine Kirchentagssprecherin am Dienstag. Bei dem Selbstmordattentat nach einem Popkonzert waren mindestens 22 Menschen getötet worden. Die Berliner Polizei kündigte an, die Sicherheitsmaßnahmen für den Kirchentag nun noch einmal zu überprüfen. Aufgrund der Terrorgefahr gelten ohnehin strengere Sicherheitsvorkehrungen als bei früheren Kirchentagen.
Der 36. Deutsche Evangelische Kirchentag in Berlin und Wittenberg unter dem Motto "Du siehst mich" dauert bis Sonntag. Das Protestantentreffen steht in diesem Jahr im Zeichen des 500. Reformationsjubiläums und fällt daher größer und prominenter aus als in der Vergangenheit. Einer der Höhepunkte des Programms ist am Donnerstag ein Gespräch zwischen dem früheren US-Präsidenten Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Brandenburger Tor.
Eröffnet wird der Kirchentag am Mittwochabend mit drei Open-Air-Gottesdiensten im Herzen der Bundeshauptstadt: am Brandenburger Tor, vor dem Reichstagsgebäude und auf dem Gendarmenmarkt. Bis Sonntag werden für das Christentreffen in Berlin und Wittenberg 100.000 Dauerteilnehmer erwartet. Parallel gibt es sechs "Kirchentage auf dem Weg" in sechs mitteldeutschen Städten, darunter Leipzig, Magdeburg und Erfurt.
Zum Abschluss der Kirchentage gibt es am Sonntag einen zentralen Gottesdienst auf den Elbwiesen in Wittenberg, zu dem wiederum 100.000 Menschen erwartet werden. Die Bahn hat Sonderzüge eingerichtet, um die Gäste von Berlin in die Lutherstadt zu bringen. Der Gottesdienst ist zugleich die zentrale Veranstaltung zum diesjährigen 500. Reformationsjubiläum, mit dem die evangelische Kirche an den Beginn der durch Martin Luther (1483-1546) angestoßenen Kirchenreformation erinnert.
Mehr als 2.000 Veranstaltungen
Das Programm des Kirchentags in Berlin und Wittenberg umfasst 2.100 Veranstaltungen, darunter Podiumsdiskussionen mit prominenten Vertretern aus Politik und Gesellschaft, Konzerte, Ausstellungen, Gottesdienste und Andachten. Angekündigt haben sich unter anderen Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz, mehrere Bundesminister und Ministerpräsidenten. Zu Konzerten von Max Giesinger und der Band Wise Guys werden Tausende Zuschauer erwartet.
Nach dem Willen der Veranstalter soll in Berlin vor allem der Dialog mit Andersdenkenden gesucht und eine "Zeitansage" gemacht werden. Kontrovers diskutiert wurde die Entscheidung der Veranstalter, auch eine AfD-Vertreterin zu einer Podiumsdiskussion einzuladen. Während Vertreter des Kirchentags und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) dies verteidigten, kritisierte Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) die Einladung.
Kritik an AfD
Zwar hätten streitbare Debatten eine gute Tradition auf Kirchentagen - dies aber geleitet von dem Gedanken, Menschen friedlich zusammenzuführen, sagte Schwesig dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Ich kann nicht erkennen, dass die AfD dazu einen Beitrag leistet, der uns weiterbringt - im Gegenteil," sagte Schwesig. Auf einem Kirchentag gehe es nicht allein um Unterschiede in der politischen Position. "Da geht es um die Frage nach Werten", sagte Schwesig. Die Werte der AfD widersprächen aus ihrer Sicht aber den christlichen Werten.