Donald Trump hat eine doppelte Botschaft für Nahost. Iran ist der Böse, Saudi-Arabien der Gute - und ein Friedensvertrag zwischen Israelis und Palästinensern wird einem Frieden im ganzen Mittleren Osten einen glänzenden Weg bereiten. Doch bei aller Symbolkraft und aller Pracht, vom Besuch bleibt kaum etwas Greifbares.
Der US-Präsident blieb unkonkret und ungefähr, und er vermied in Jerusalem jeden kritischen Punkt. Kein Wort von Grenzfragen oder Siedlungen, nicht einmal die Andeutung eines Dreiergipfels oder einer Wiederaufnahme der seit Jahren feststeckenden Friedensgespräche. Stattdessen gab es warme Worte für die Weltreligionen und viele klar pro-israelische Positionen. Man werde das schon schaffen in Nahost: Frieden, jetzt.
Israelis und Palästinenser beunruhigt
Trumps Haltung zum Nahost-Konflikt beunruhigt sowohl Israelis als auch Palästinenser weiter. Zwar besuchte Trump als erster amtierender US-Präsident die Klagemauer. Allerdings verkündete er nicht, wie von manchem israelischem Minister erhofft, die Verlegung der US-Botschaft von Tel Aviv nach Jerusalem - und die Anerkennung Jerusalems als die unteilbare Hauptstadt Israels durch die USA auch nicht. Dafür verwies er auf die jahrtausendealten Wurzeln der Juden im Heiligen Land. Das war in seiner "Grundsatzrede" einer der prägnanteren Sätze.
Die Palästinenser sind dagegen besorgt, dass Trump in Friedensgesprächen Israel bevorzugen könnte. Auf der anderen Seite wollen sie durchaus, dass die Amerikaner beteiligt werden, hoffen sie doch auf Unterstützung gegenüber den Israelis. Trump sagte in Anwesenheit von Abbas, eine Lösung des Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern könne Wegbereiter für Frieden in der Region sein. Nur: Die Israelis lehnen diese Verknüpfung ab. Trump will sich als neutraler Makler geben - aber wer will mit ihm den "Deal" machen, den er sich so wünscht? Trump sagt zwar, dass er Israel und den Palästinensern keine Lösung aufzwingen will. Aber in dem seit Jahrzehnten festgefahrenen Konflikt werden schon einzelne Zugeständnisse als Schwäche ausgelegt.
Interne Querelen
Trump sitzen im Nahost-Konflikt zwei Verhandlungspartner gegenüber, die mit internen Querelen zu kämpfen haben. Abbas ist durch den jahrelangen Bruderstreit mit der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas im Gazastreifen geschwächt. Rund zwei Drittel der Palästinenser wollen, dass er seinen Stuhl räumt. Die Verwaltung unter seiner Führung hat in weiten Teilen der Bevölkerung den Ruf, korrupt zu sein.
Die letzten Parlamentswahlen fanden 2006 statt. Die Hamas gewann sie und riss gewaltsam die alleinige Macht im Gazastreifen an sich. Danach verhinderte der interne Streit zwischen Abbas' Fatah-Partei und der Hamas weitere Wahlen. Diese Ausgangsposition macht es schwer für Abbas, für alle Palästinenser zu sprechen. Israel, die EU und die USA stufen die Hamas als Terrororganisation ein.
Netanjahu wiederum steht stärker unter Druck durch seine Partner in der rechts-religiösen Regierungskoalition als durch die Opposition im Parlament. Vor allem mit Erziehungsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei buhlt er um Stimmen von Wählern, die eine Zwei-Staaten-Lösung ablehnen und für die Annektierung zumindest weiter Teile des Westjordanlandes sind. Außerdem laufen seit Monaten Ermittlungen gegen Netanjahu wegen des Verdachts der Vorteilsnahme. Er und seine Frau Sara sollen unter anderem wertvolle Geschenke von Geschäftsmännern angenommen haben, was er abstreitet. Die Opposition forderte bereits seinen Rücktritt.
Detailkenntnisse fehlen
Trump ist mit all den Details, den Unwägbarkeiten und der Geschichte dieser Weltregion nicht vertraut. Er dürfte kaum wissen, wo er sich hier hineinbegeben hat. Trotzdem machte er mit aller Wucht in Jerusalem erneut Front gegen Teheran, wie zuvor schon in Riad. Unter neuer US-Präsidentschaft soll es nun in einer der am meisten verwickelten Regionen der Welt eine schlichte Trennung geben in Gut und Böse. Viele Kommentare beschreiben das als allzu simpel. Der Konflikt zwischen den rivalisierenden Golfmächten drohe so ebenso angefacht zu werden wie zwischen Sunniten und Schiiten. Dabei bräuchte nicht nur Washington beide Seiten für einen Frieden.
Stellvertretend für viele Experten und Politiker formuliert Frederic Wehrey vom Carnegie Institut in der "New York Times": Wer in dieser Region Einfluss haben wolle, müsse unbedingt mit beiden Seiten reden. Das medienwirksame Verteufeln Teherans mag bei US-Hardlinern verfangen. Eine Strategie ist es nicht.
Bruch mit Obama-Linie
Iran, Israels Erzfeind und Saudi-Arabiens großer Opponent im Ringen um die regionale Vorherrschaft, so in den Senkel zu stellen, ist ein klarer Bruch mit der Linie Barack Obamas. Trotzdem weisen Think Tanks darauf hin, dass Trump für diese Weltgegend zumindest eines mit seinem Vorgänger gemein habe: kein schlüssiges Konzept. Gut gegen Böse, so wie Trump es sagte - Schwarz und Weiß funktioniert in «Star Wars» besser als in Nahost.
Hier gibt es reichlich Grautöne. Ob Trump zum Beispiel überrascht war, dass Israel den 110-Milliarden-Waffendeal mit Saudi-Arabien - Gegner Israels - nicht so gut fand? Dass viele darauf verweisen, dass diese Region möglicherweise schon genug Waffen hat, amerikanische Arbeitsplätze hin oder her?
Guter Wille, nichts konkretes
Trump wird für die ersten Stationen seiner ersten Auslandsreise mancher Respekt gezollt. Dies verschweigt seine ständig wechselnden, widersprüchlichen Positionen. Wie weggeblasen die harsche Anti-Islam-Rhetorik ("Der Islam hasst uns", März 2016), jetzt werden die neuerdings von Washington als anständig definierten Teile der muslimischen Welt umarmt. Gemeinsam soll es gegen den Terrorismus gehen. Wie weit mögen Trumps treue Anhänger dem folgen?
Sehr, sehr gern will Trump als Friedensfürst in die Geschichte eingehen. Im Nahost-Gepäck hatte er guten Willen, ein untrügliches Gespür für starke Bilder - und nichts Konkretes. Neben allen Fährnissen stehen einer Lösung für den Nahen Osten auch Trumps Skandale und Affären zuhause entgegen. Die muss er politisch überleben. Sie werden ihn Kraft kosten, und sie werden die Grenzen seiner Macht definieren.