Der Zentralrat der Juden hat die Fraktionen im Bundestag aufgefordert, noch vor der Bundestagswahl im September einen Sonderbeauftragten für Antisemitismus einzusetzen. Der Präsident des Zentralrats, Josef Schuster, wandte sich mit einem Brief an die Fraktionsvorsitzenden und die zuständigen Berichterstatter der Fraktionen. Darin fordert er die Abgeordneten auf, sich für einen Sonderbeauftragten sowie eine verbindliche Definition von Antisemitismus einzusetzen, die es Polizei und Justiz erlauben würde, antisemitische Straftaten konsequenter zu verfolgen.
Schuster beruft sich auf den Unabhängigen Expertenkreis, der dem Bundestag Ende April seinen Bericht über den Antisemitismus in Deutschland vorgelegt und ebenfalls die Berufung eines Sonderbeauftragten empfohlen hatte. Dieser solle beim Bundeskanzleramt angesiedelt sein, schreibt Schuster, und "dafür Sorge tragen, dass unabhängig von Legislaturperioden die Empfehlungen des Unabhängigen Expertenkreises umgesetzt werden."
Hasskommentare im Internet
Zu den zentralen Forderungen der Fachleute zählt neben der Einsetzung eines Sonderbeauftragten die Einrichtung einer bundesweiten Datenbank für antisemitische Straftaten. Antisemitismus komme in allen Bevölkerungsschichten vor, heißt es in dem Bericht. Zugenommen hätten insbesondere die Hasskommentare in den sozialen Netzwerken.
Schuster kritisiert in seinem Schreiben an die Bundestagsfraktionen, es fehle noch immer ein Gesamtkonzept zur Bekämpfung des Antisemitismus. Es sei nicht hinnehmbar, wenn die jüngsten Empfehlungen der Experten - ebenso wie die Vorgängerberichte - in der Schublade verschwänden und folgenlos blieben, warnte der Zentralrats-Präsident. Nach Einschätzung des Zentralrats sei es notwendig, "auf allen politischen Ebenen sowie in Schulen, Ausbildung und Integrationskursen Antisemitismus zielgerichteter zu bekämpfen."