Die Bundesregierung will per Gesetz gegen schlechte Arbeitsbedingungen osteuropäischer Arbeitnehmer in deutschen Schlachthöfen vorgehen. Geplant ist unter anderem, dass Konzerne für die Machenschaften von Subunternehmen haften müssen. Vom Lohn soll nichts mehr unerlaubterweise abgezogen werden dürfen. Außerdem soll die Arbeitszeit Tag für Tag genau aufgeschrieben werden müssen. Es sollen Geldbußen von 30 000 bis 50 000 Euro drohen.
Die Änderung reichen nach Ansicht von Kossen nicht aus. Das Verhältnis von 20 Prozent Stammbelegschaft zu 80 Prozent Werkvertrags- und Leiharbeitern müsse umgekehrt werden, sagte Kossen dem Online-Magazin www.kirche-und-leben.de aus Münster (Donnerstag). "Dafür muss ein gesetzlicher Rahmen geschaffen werden, der das erzwingt."
Der bis Jahresanfang in Vechta tätige Prälat kämpft seit langem für bessere Arbeitsbedingungen von Werkvertrags- und Leiharbeitern aus Südosteuropa. Diese sind vor allem im Oldenburger Münsterland zu finden.
Selbstverpflichtungen nützen nichts
Kossen erklärte weiter, Selbstverpflichtungen der Branchen führten nicht zu einem Wechsel. "Der Sumpf krimineller Subunternehmer muss ausgetrocknet werden, damit die weit verbreitete Ausbeutung und der Menschenhandel endlich ein Ende haben", forderte der Priester.
Gesetzliche Vorschriften seien nur so gut, wie sie kontrolliert und durchgesetzt würden. Dazu fehlten den Behörden vielfach das Personal und die rechtliche Handhabe. Nötig sei eine Bündelung der Zuständigkeiten - verbunden mit der Möglichkeit, Verstöße direkt zu ahnden. Zudem sei dringend und flächendeckend ein kostenloses juristisches Beratungsangebot für Werkvertrags- und Leiharbeiter notwendig. Diese seien als abhängig Beschäftigte allein nicht stark genug, ihre Rechte durchzusetzen.
Kritik auch von Arbeitgeberseite
Der Hauptgeschäftsführer des Verbandes der Ernährungswirtschaft, Michael Andritzky, kritisierte für die Arbeitgeberseite den Gesetzesentwurf. Er sei in einer "Nacht- und Nebel-Aktion" ohne Beteiligung von Fachleuten eingebracht worden.
Das Gesetz berücksichtige nicht die veränderte Situation in der Fleischwirtschaft, erklärte Andritzky. Er verwies auf einen Mindestlohn-Tarifvertrag und die Selbstverpflichtung der Branche, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Es sei nur ein sehr geringer Teil der Fleischwirtschaft betroffen, da in weiten Teilen keine oder nur in sehr geringem Umfang Werkverträge eingesetzt würden. "Die gesamte Branche wird aber diesen Regelungen zu Unrecht unterworfen", sagte Andritzky. Das sei "Wahlkampf zu Lasten einer gesamten Branche".
"Miserable Bedingungen"
Laut Gewerkschaften, Medienberichten und Aktivisten sind in großen Schlachtbetrieben, in denen Tausende Schweine oder andere Tiere zerlegt werden, viele Menschen zu miserablen Bedingungen beschäftigt. Einige sollen überhöhte Mieten für schlechte Behausungen zahlen, Opfer von Tricksereien bei der Arbeitszeit sein und unerlaubterweise für Arbeitsgerät oder Schutzkleidung zahlen müssen.
Union lobt Gesetzespläne
Positiv äußerte sich der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Karl Schiewerling, zu dem Gesetzesvorhaben. Es schaffe faire Bedingungen in der Fleischindustrie, schütze Mitarbeiter und verhindere Missbrauch in der Branche.
Derzeit würden in vielen fleischverarbeitenden Betrieben Mitarbeiter ungerecht behandelt, sagte Schiewerling. Betrügereien bei der Lohnabrechnung "sind leider keine Seltenheit", so der frühere Kolpingsekretär aus dem Münsterland. Künftig müsse der Arbeitgeber für Subunternehmerketten haften. Außerdem sei er für die Zahlung der Sozialversicherungsbeiträge verantwortlich. Zudem sei er verpflichtet, Arbeitsmittel kostenlos zur Verfügung zu stellen. Auch gebe es eine verschärfte Dokumentationspflicht.
Der niedersächsische CDU-Bundestagsabgeordnete Albert Stegemann nannte das Gesetz ein deutliches Signal an die schwarzen Schafe der Branche. Die bisherige Praxis werde nicht toleriert. Das vorliegende Gesetz tritt nach Zustimmung des Bundesrats voraussichtlich Anfang August in Kraft.