Bundestag entscheidet noch diese Woche über "Ehe für alle"

Abstimmung vor Sommerpause

Der Bundestag wird noch in dieser Woche über die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben entscheiden. Bei der Abstimmung wird mit einer Mehrheit für die "Ehe für alle" gerechnet.

Die Bestuhlung für 1260 Mitglieder der Bundesversammlung ist am 12.02.2017 im Bundestag in Berlin für die Wahl des neuen Bundespräsidenten angepasst. Zur Wahl tritt hier am Sonntagmittag die Bundesversammlung zusammen.  / © Rainer Jensen (dpa)
Die Bestuhlung für 1260 Mitglieder der Bundesversammlung ist am 12.02.2017 im Bundestag in Berlin für die Wahl des neuen Bundespräsidenten angepasst. Zur Wahl tritt hier am Sonntagmittag die Bundesversammlung zusammen. / © Rainer Jensen ( dpa )

Der Bundestag wird noch in dieser Woche über die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben entscheiden. Der Rechtsausschuss des Bundestags entschied am Mittwoch in Berlin, noch für diese letzte Sitzungswoche vor der Sommerpause eine Abstimmung anzusetzen. Der Abgeordnete Volker Beck (Grüne) sagte nach der Sitzung, der Ausschuss habe dem Parlament mehrheitlich die Annahme eines Gesetzentwurfs zur Öffnung der Ehe empfohlen.

Bei der Abstimmung, die voraussichtlich für Freitag auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt wird, wird mit einer Mehrheit für die "Ehe für alle" gerechnet. SPD, Grüne und Linke sind dafür und haben zusammen die Mehrheit der Stimmen.

Nach Angaben von SPD-Spitzenkandidat Martin Schulz will die SPD-Fraktion einen vom Bundesrat verabschiedeten Antrag des Landes Rheinland-Pfalz und weiterer Bundesländer auf die Tagesordnung des Bundestages setzen. Dem Bundestag liegen noch zwei weitere Anträge von Linken und Grünen vor. Alle Anträge wollen den Paragrafen 1353 des Bürgerlichen Gesetzbuches so ergänzen, dass auch gleichgeschlechtliche Personen eine Ehe eingehen können. Laut Bundesratsantrag sollen "die Rechte der Kirchen und Religionsgemeinschaften" von der gesetzlichen Neuregelung unberührt bleiben.

Auch Befürworter bei CDU

Die Union hatte sich bislang immer gegen die Gleichstellung homosexueller Lebenspartnerschaften mit der Ehe ausgesprochen und eine Abstimmung darüber verweigert. In den Reihen der CDU wurden aber auch die Befürworter einer "Ehe für alle" mehr. Anfang der Woche deutete Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) dann überraschend an, dass sie im Fall einer Abstimmung ihrer Parteikollegen das Votum freigeben wolle in Form einer Gewissensentscheidung, wie sie beispielsweise bei ethischen Themen im Parlament üblich ist.

Während Merkel dabei eher an die nächste Wahlperiode dachte, überrumpelte sie der Koalitionspartner SPD mit der Ankündigung, eine Abstimmung noch für diese Woche durchzusetzen. Wie nach der Fraktionssitzung der Union am Dienstag bekannt wurde, ist den Abgeordneten von CDU und CSU dabei tatsächlich freigestellt, ob sie für oder gegen die "Ehe für alle" stimmen.

Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) zeigte sich überzeugt, dass die "Ehe für alle" nun kommen werde. "Wenn Menschen einander lieben und Verantwortung füreinander übernehmen, dann ist das etwas Wunderschönes. Welches Geschlecht die Partner haben, ist dabei völlig egal", sagte sie der "Nordwest-Zeitung" (Mittwoch).

Für Kinder Vater und Mutter wichtig

Während Politiker der Linken und Grünen die Entscheidung begrüßten, sprachen sich Abgeordnete der Union gegen die "Ehe für Alle" aus. Der CSU-Abgeordnete Johannes Singhammer betonte im Deutschlandfunk, dass es bereits eine weitgehende Gleichstellung gebe, abgesehen von der Volladoption. Der "Passauer Neuen Presse" (Mittwoch) sagte er, für Kinder sei es wichtig, "Vater und Mutter zu haben als Bezugspersonen in ihrer Verschiedenheit".

Der Berliner Erzbischof Heiner Koch lehnte eine Zustimmung ebenfalls ab. Eine Öffnung für gleichgeschlechtliche Paare würde eine qualitative Neuausrichtung des Begriffs Ehe bedeuten, sagte Koch bereits am Freitag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Er betonte, die Position der Bischöfe sei "keinesfalls homophob motiviert". Eine Unterscheidung zwischen Ehe und einem Rechtsinstitut für gleichgeschlechtliche Paare bedeute keine Diskriminierung; ganz im Gegenteil werde so "der Unterschiedlichkeit der Lebensformen adäquat Rechnung getragen".

Verfassung berührt

Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) sieht in der Debatte auch Verfassungsfragen berührt. ZdK-Präsident Thomas Sternberg sagte der KNA, er bezweifle, ob es einfaches Gesetz für eine Gleichstellung ausreiche. Das Grundgesetz sehe einen besonderen Schutz für Ehe und Familie vor. "Wenn die Mütter und Väter des Grundgesetzes darunter die Beziehung zwischen Mann und Frau und die Orientierung auf Kinder verstanden haben, kann man das nicht so einfach übergehen."


Quelle:
epd , KNA