Stunden des Terrors in Spanien: Nur kurz nach dem islamistischen Anschlag mit einem Lieferwagen in Barcelona mit mindestens 13 Toten hat die Polizei in einem katalanischen Touristenort vermutlich eine zweite Terrorattacke verhindert. In der Stadt Cambrils rund 100 Kilometer südwestlich von Barcelona erschossen die Einsatzkräfte in der Nacht zu Freitag fünf mutmaßliche Terroristen. Sie sollen Sprengstoffgürtel getragen haben.
Möglicherweise wollten sie den Anschlag auf der Touristenmeile Las Ramblas in Barcelona nachahmen. Über das Schicksal des Fahrers war bis zum frühen Freitag zunächst nichts bekannt. Die Bundesregierung prüft, ob auch Deutsche unter den Opfern sind.
Bischöfe brechen Urlaube ab
Der Erzbischof von Barcelona, Juan José Kardinal Omella, hat seinen Sommeraufenthalt in Castellón abgebrochen und reist zurück nach Barcelona, um den Opfern und Familien des Anschlags beizustehen. Laut der spanischen Nachrichtenagentur EFE hat Omella den Angehörigen der Opfer sein tiefstes Bedauern ausgedrückt und sein Beileid ausgesprochen. Den Verletzten wünschte er eine schnelle Genesung.
In einer Pressemitteilung drückte die spanische Bischofskonferenz ihr Beileid für die Angehörigen der Opfer aus, man bete für sie, hieß es. "Desweiteren bekunden wir aber auch unsere Unterstützung für die ganze Gesellschaft, die durch solche Anschläge getroffen wird, insbesondere die Bürger der Stadt Barcelona und die Sicherheitskräfte."
Bischofskonferenz: Terror ein "perverser Akt"
Zugleich verurteilte die Bischofskonferenz jegliche Form von Terrorismus als einen "perversen Akt", der das Recht eines jeden auf Leben und Freiheit massiv verletze. In der Pressemitteilung heißt es: "Wir fordern alle Gläubigen zum Gebet auf, das Gott die Opfer in sein Reich aufnehmen möge, den Verletzten zu baldiger Genesung verhelfe und den Familien der Opfer Trost schenke." Bei Twitter verbreitet die Bischofskonferenz ein Bild, auf dem eine schwarze Schleife über Barcelona und der Sagrada Familia liegt.
Auch der Weihbischof von Barcelona, Sebastià Taltavull, befindet sich bereits auf dem Rückweg in die katalanische Hauptstadt. Er war auf Mallorca gewesen, wo er der apostolische Verwalter ist. Auch er verurteilte der Anschlag. "Ich bete für die Seelen der Opfer und ihre Familien", sagt er.
Papst betet für Opfer
Auch Papst Franziskus betet für die Anschlagsopfer. Das Kirchenoberhaupt habe "mit großer Besorgnis" die Vorgänge in der katalanischen Hauptstadt zur Kenntnis genommen, teilte Vatikansprecher Greg Burke am Donnerstagabend mit. "Der Papst betet für die Opfer dieses Attentats und wünscht seine Nähe zum ganzen spanischen Volk zu bekunden, besonders zu den Verletzten und den Familien der Getöteten", so Burke.
In Köln meldete sich auch der Kölner Dom- und Stadtdechant Msgr. Robert Kleine via Twitter zu Wort. "Im stillen Gebet mit den vielen Verletzten und den Angehörigen der Todesopfer von #Barcelona verbunden. R.i.p.", schreibt er.
Rheinische Kirche betet für Anschlagsopfer von Barcelona
Die Evangelische Kirche im Rheinland hat zu Gebeten für die Opfer des Terroranschlags in Barcelona aufgerufen. "Wir tun, was wir aus dem Glauben heraus können: beten und trösten», sagte der rheinische Vizepräses Christoph Pistorius am Freitag in Düsseldorf dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Nicht zuletzt in den Gottesdiensten am Sonntag wird das Leid, das die Anschläge in Spanien über die Menschen gebracht haben, in Predigten und Fürbitten seinen Platz unter uns Menschen und vor Gott finden."
Muslime: Fassungslosigkeit nach Anschlag in Barcelona
Muslime in Deutschland haben mit Fassungslosigkeit und Entsetzen auf den tödlichen Anschlag in Barcelona reagiert. "Der Anschlag auf Unschuldige, darunter Frauen und Kinder, schockiert uns alle", erklärte die muslimischen Gemeinschaft Ahmadiyya Muslim Jamaat Deutschland am späten Donnerstagabend in Frankfurt am Main. Die Gemeinschaft zitierte das weltweite Oberhaupt der internationalen Ahmadiyya Muslim Jamaat, Kalif Hadhrat Mirza Masroor Ahmad, wonach Terroranschläge "ein Angriff gegen die Lehre des Islam" seien.
Am späten Donnerstagnachmittag war ein Lieferwagen in eine Menschenmenge auf der Flaniermeile Las Ramblas im Zentrum Barcelonas gerast. Offiziellen Angaben zufolge kamen mindestens 13 Menschen ums Leben, mehr als hundert wurden verletzt. Die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) reklamierte den Anschlag für sich. In der Nacht zu Freitag soll im spanischen Cambrils offenbar ein weiterer Anschlag verhindert worden sein.
Bei dem Einsatz in Cambrils wurden sieben Menschen verletzt, zwei davon schwer, wie der katalanische Zivilschutz auf Twitter schrieb. Unter den Verletzten war auch ein Polizist. Nach spanischen Medienangaben seien die Täter in einem Wagen von der Polizei kontrolliert worden. Als dieser nach einer Verfolgung umgekippt sei, seien sie geflohen und dann niedergeschossen worden. Zuvor hätten sie noch Menschen angefahren.
Zusammenhang der Taten
Nach Angaben der Behörden besteht wahrscheinlich ein Zusammenhang zwischen den Taten in Barcelona und Cambrils sowie in der Stadt Alcanar, wo am Mittwoch bei einer Explosion in einem Wohnhaus ein Mensch umkam. Dort sollen nach Informationen der Zeitung "El Pais" etwa 20 Gasflaschen gelagert worden sein.
Die Polizei hat am Freitagmorgen in Ripoll, 100 Kilometer nördlich der Stadt, einen dritten Verdächtigen festgenommen. Dies berichtete die Zeitung "El País" unter Berufung auf das katalanische Innenministerium. Zunächst waren zwei Verdächtige, die in Verbindung mit dem Angriff in Barcelona stehen sollen, festgenommen worden. Einer der beiden Männer sei ein Marokkaner, der andere komme aus der spanischen Exklave Melilla. Ein bei einer Polizeikontrolle erschossener Verdächtiger habe nach bisherigen Erkenntnissen keine Verbindungen zu der Tat gehabt. Er hatte nach Medienberichten versucht, eine Polizeikontrolle zu durchbrechen.
ZDF berichtet von drei deutschen Todesopfern
Nach Einschätzung des Innenministeriums könnte die Zahl der Todesopfer des Anschlags in Barcelona weiter steigen. Rund 100 wurden verletzt, einige davon sehr schwer, sagte der Innenminister der katalanischen Regionalregierung, Joaquim Forn. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte den Anschlag laut ihrem Sprachrohr Amak für sich.
Nach Angaben des Auswärtigen Amts war zunächst unklar, ob Deutsche unter den Opfern sind. Man prüfe dies mit Hochdruck, sagte eine Sprecherin. Das ZDF berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise von drei deutschen Todesopfern. Die katalanischen Behörden teilten lediglich mit, dass Deutsche ebenso wie Menschen aus über 20 anderen Nationen zu Schaden gekommen seien. Ob sie starben oder verletzt wurden, blieb offen.
Bundesregierung solidarisch
Politiker weltweit reagierten geschockt und betroffen. Vertreter der Bundesregierung zeigte sich erschüttert. "In tiefer Trauer sind wir bei den Opfern des widerwärtigen Anschlags in Barcelona", schrieb Regierungssprecher Steffen Seibert auf Twitter. Man stehe in Solidarität und Freundschaft an der Seite der Spanier.
"Bin tief erschüttert über Nachrichten aus Barcelona. Unser Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Freunden und Angehörigen", teilte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) mit. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach von einem "feigen Anschlag auf unsere Werte". "Erneut hat der Terror seine hässliche Fratze gezeigt", sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU) nach Angaben seines Ministeriums.
Reisewarnung des Auswärtigen Amts
US-Präsident Donald Trump sagte, man werde alles tun, was nötig sei, um zu helfen. "Seid zäh und stark, wir lieben Euch!", schrieb Trump. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg äußerte: "Wir stehen vereint im Kampf gegen den Terrorismus." Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte: "All meine Gedanken und die Solidarität Frankreichs für die Opfer der tragischen Attacke in Barcelona. Wir bleiben vereint und entschlossen." EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani bekannte, die EU sei vereint in der Verteidigung des Friedens.
Das Auswärtige Amt aktualisierte seine Sicherheitshinweise für Spanien: "Reisenden wird geraten, den Bereich weiträumig zu meiden, den Anweisungen der Sicherheitskräfte Folge zu leisten und sich über die lokalen Medien zu informieren", teilte das Auswärtige Amt mit.
Der bisher blutigste Terroranschlag in Spanien ereignete sich am 11. März 2004. Damals hatten islamistische Attentäter in Madrid Bomben in Pendlerzügen gezündet und 191 Menschen getötet. Rund 1500 weitere wurden verletzt. Seit vergangenem Sommer war es in Europa wiederholt zu Anschlägen mit Fahrzeugen gekommen. Im Juli 2016 raste ein Attentäter mit einem Lkw auf dem Strandboulevard von Nizza in eine Menschenmenge. 86 Menschen starben. Beim Anschlag mit einem gekaperten Laster auf den Berliner Weihnachtsmarkt wurden im Dezember 2016 zwölf Menschen getötet. Im Frühjahr 2017 gab es zudem tödliche Attacken mit Fahrzeugen in London und Stockholm.
(Stand: 18.08.2017 Uhr; 09:00 Uhr)