Eine dieser Ausnahmen ist die United Church of Christ. Eine Kirche wo auch mal gegen Donald Trump gepredigt wird.
“Am Morgen nach der Wahl fehlte mir die Luft zum Atmen. Ein Präsident hat den Weg ins Weiße Haus durch Lügen gefunden. Lügen auf dem Rücken der Benachteiligten. Er würde ihre Jobs zurück bringen, bessere Gesundheitsversorgung schaffen, eine Mauer bauen und die Einwanderung begrenzen. Das alles begleitet von Hass und Gewalt. Noch am gleichen Tage habe ich mir Medikamente gegen Depression besorgt.“ Der Predigerin, die als Kind aus Kuba nach Florida geflüchtet ist, sieht man an, dass sie von den Worten bewegt ist. Bewegt und trotzig. So sehr, dass sie auch in ihrer Predigt Stellung gegen Präsident Trump bezieht.
Dass in einer Kirche so deutlich politisch gesprochen wird, ist ungewöhnlich. In den USA noch mehr als in Deutschland. Wir befinden uns in Coral Gables, einem Vorort von Miami in Florida. Die United Church of Christ ist eine Abspaltung der Methodisten. Auch Barack Obama gehört dieser Konfession an. Laurinda Hafner ist Chefpastorin der Gemeinde: "Wir sind einzigartig, weil wir die Freiheit haben, politisch Stellung zu beziehen. Das heißt nicht, dass wir vorgeben wen man wählen soll. Aber wir können unsere Bedenken über das ausdrücken, was in unserem Land passiert.“
Der komplette Gottesdienst im Video
Alter Glaube - modernes Denken
"Unser Glaube ist 2000 Jahre alt, unsere Ansichten sind es aber nicht.“ Das ist der Wahlspruch der Gemeinde. Im Konzert der verschiedenen Kirchen steht die United Church of Christ auf der progressiven Seite, hat nach eigenen Angaben als erste Gemeinschaft eine Frau zur Pastorin gemacht, genau so den ersten Schwarzen, den ersten Sklaven oder den ersten Homosexuellen. Die Gemeinschaft betrachtet sich als gesellschaftlicher Vorreiter. Umso deutlicher sprechen sie ihre Kritik an der Trump-Regierung aus, erklärt Pastorin Laurinda: "Was der Präsident von sich gibt, steht im grundlegendem Widerspruch zu unserem Glauben. Seine Taten und Worte, seine Kriegstreiberei. Ich denke auch das, was in Charlottesville passiert ist, ist seine Schuld. Er hat die Funken des Hasses in unserer Gesellschaft wieder angefacht.“
Die Lösung für die Gemeinde im Vorort von Miami ist: Weiterkämpfen. Arbeiten für eine bessere Zukunft, dem amerikanischen Traum entgegen. "Keep your hand on the plow." Behalte deine Hand am Pflug und arbeite weiter und weiter. Ein Satz, den man immer wieder hört im Gottesdienst der Gemeinde.
Gemeinde nimmt Flüchtling auf
Diese Arbeit sieht so aus, dass sich die Gemeinde bewusst für die Verständigung einsetzt. Per Abstimmung haben sich die Gläubigen entschieden, einen Flüchtling aus Libyen aufzunehmen, damit er nicht abgeschoben wird. Verständigt wird aber auch auf der ganz persönlichen Ebene. Die Gemeinde veranstaltet so zum Beispiel einen interreligiösen Kochkurs, bei dem Christen und Muslime gemeinsam Essen zubereiten und voneinander lernen. Nicht nur, was das Kochen angeht.
Kann aber die Pastorin mit den progressiven Ansichten verstehen, warum Christen in den USA Trump gewählt haben? Nicht verstehen, aber sie kann zumindest den Gedankengang nachvollziehen. Das große Reizthema heißt hier: Abtreibung. In den USA sind die Abtreibungsgesetze viel liberaler als in Deutschland, für viele Christen nicht tragbar. Wenn Trumps Republikaner sich gegen Abtreibung einsetzen, ist das schon mal ein Wahlargument. Laurinda Hafner: "So lange er gegen Abtreibung spricht, kann er Frauen verachten, Behinderte verhöhnen, Muslime und andere Glaubensgemeinschaften kritisieren. Für manche Wähler ist die Frage der Abtreibung so bedeutend, dass sie in gewisser Weise sogar ihre Seele verkaufen.“