Weihbischof Ansgar Puff über Glaube und Sexualität

"Ein Geschenk Gottes an uns"

Sex und Kirche - geht nicht, denken viele. Geht doch, sagt der Kölner Weihbischof Ansgar Puff und hat das in seinen täglichen Videos auf der Facebookseite von domradio.de thematisiert. Im Interview gibt er Antworten auf die Reaktionen der User.

 (DR)

domradio.de: Letzte Woche gab es bei domradio.de jeden Tag einen Impuls von Ihnen zum Thema Sexualität. Wie sind Sie darauf gekommen, so direkt über das Thema Sexualität zu sprechen?

Weihbischof Ansgar Puff: Am Anfang dachte ich: Besser nicht darüber reden, die Kirche hat da keine gute Schnitte. Aber mich hat erstaunt, dass viele Jugendliche mich darauf angesprochen haben. Es kommen immer wieder Fragen, was die Kirche darüber denkt.

domradio.de: Es gab viele Reaktionen darauf. Wie ist das bei Ihnen angekommen? 

Weihbischof Ansgar: Die Reaktionen sind sehr unterschiedlich. Von spöttisch wie, ich wäre der letzte, der dazu was zu sagen habe. Oder auch super, dass endlich jemand mal den Mund aufmacht. Ich nehme alle diese Antworten ernst. 

domradio.de: "Weil Sie zölibatär leben, hätten Sie keine Ahnung", so schrieb ein User. Was würden Sie ihm sagen?

Weihbischof Ansgar: Ich würde ihm von der Theologie des Leibes von Johannes Paul II. erzählen, als junger Kaplan ist dieser mit so vielen jungen Menschen ins Gespräch gekommen. Diese Theologie ist nicht am Schreibtisch entstanden, sondern in Reflexion mit Jugendlichen und mit der Philosophie von Johannes Paul II., wo es immer um Verantwortung und Liebe geht. 

domradio.de: Die Meinung einer anderen Userin war, dass gerade die Sexualität ausgetestet werden solle, bevor man heiraten möchte. Wie denken Sie?

Weihbischof Ansgar: Der Kernpunkt ist, ob man eine christliche Ehe führen möchte oder eine normale Ehe. In einem Video habe ich das etwas provozierend gesagt: Ehe ist die Abkürzung für: Egoist heiratet Egoisten. Da sagt Johannes Paul II. eben, es gibt "mehr". Es gibt noch eine Sexualität und eine Liebe, die geht tiefer und macht zufriedener. Mich hat an seinem Ansatz fasziniert, dass es ihm nicht um das Verbieten geht, sondern um eine große Wertschätzung. Es gilt zu entdecken, was der Mensch wirklich sucht und ihn in der Tiefe wirklich zufrieden macht. 

domradio.de: Sie haben sich für die täglichen Impulse kreative, alltägliche Situationen als Beispiele herausgesucht. Zum Beispiel die Sekretärin und ihr Chef, der sie einerseits nicht beachtet, andererseits zum Abschied ein Küsschen gibt. Was wollten Sie verdeutlichen? 

Weihbischof Ansgar: Ich wollte mit dem Beispiel keine Sekretärinnen oder Sexismus vorführen. Ich wollte zeigen, dass auf allen Stufen der Beziehung auch der körperliche Ausdruck dazu passen muss. Das ist dann schon bei Kleinigkeiten schwierig, umso mehr, wenn es um wirklich große Nähe geht.

domradio.de: Sie sind nicht immer Weihbischof gewesen und auch nicht als Priester geboren worden, sondern waren auch mal Jugendlicher und vielleicht auch mal verliebt. Wollten Sie da dem Menschen nicht auch mal ganz nah sein?

Weihbischof Ansgar: Sie glauben es ja nicht, aber ich war total brav als Jugendlicher. Es fing erst später im Studium an, da habe ich schon auch die ein oder andere Beziehung gehabt, wo wir uns auch gern hatten. Ich habe, bis auf eine Sache, über die ich nicht gern reden möchte, immer versucht den Rahmen zu bewahren. Einmal aus Selbstschutz und zum anderen, weil ich den Eindruck hatte, das ist ein Thema, bei dem man sehr verletzlich ist. Da wollte ich nicht in die Vollen gehen. 

domradio.de: Können Sie verstehen, dass jungen Menschen die katholische Sexualmoral ein wenig verstaubt erscheint? 

Weihbischof Ansgar: Das kann ich gut verstehen. Ich versuche zu erklären, was Johannes Paul II. entdeckt hat. Er hat die "Theologie des Leibes" erfunden und neu angesetzt. Ich finde es großartig, wie er das gemacht hat. Er geht von der Schönheit und Würde aus, also von einem ganz positiven Zugang. Er versucht deutlich zu machen, dass die Sexualität ein Geschenk Gottes an uns ist, damit wir glücklich sind. Wenn man es weise benutzt, kann es auch dazu dienen in einer ganz tiefen, menschlichen Weise mehr an Glück und Tiefe zu erfahren.

domradio.de: Was raten Sie denn jungen Menschen, die schwer verliebt sind und dem Partner nah sein wollen?

Weihbischof Ansgar: Das ist schwer, jetzt ganz allgemein Tipps zu geben. Wenn man eine Beziehung ganz neu anfängt, dann muss Vertrauen entstehen. Dafür ist ganz wichtig: reden, reden, reden. Quatschen und reden. Am Anfang denke ich eher mit Worten als mit Körpersprache. Gefühle bekommen eine gewisse Dominanz und da muss man einfach ein bisschen schlau sein und auf den anderen zugehen.

domradio.de: Im nächsten Herbst wird im Vatikan die Jugendsynode stattfinden. Was meinen Sie, wie zentral wird das Thema Sexualität behandelt?

Weihbischof Ansgar: Es gibt inzwischen einen Fragebogen, ein Thema ist auf jeden Fall Berufung. Das hat etwas mit Sexualität zu tun. Also, es kann sein, dass Gott jemand zur Ehe beruft, dann ist das auch die Berufung zur Sexualität. Ich hoffe, dass das bei der Synode ein Thema ist.

Das Gespräch führte Milena Furman. 


Quelle:
DR