Für eine rasche Friedenslösung im Konflikt um die Rohingya in Myanmar hat sich der für die Provinz Rakhine zuständige Bischof Alexander Pyone Cho von Pyay ausgesprochen. Die Lage sei vollkommen unübersichtlich und die Informationen über die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und muslimischen Rebellen widersprüchlich, sagte er der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" (Samstag). Die jüngste Eskalation sei nur der letzte Akt in einer langen und dramatischen Angelegenheit. Viele befürchteten, dass Myanmar sich in ein "gewaltiges schwarzes Loch" verwandeln und der islamistische Terror hier Fuß fassen könnte.
"Wir fordern beide Seiten, das Militär und die Rohingya-Rebellen, zu Menschlichkeit auf", sagte der Bischof. "Man muss eine Zukunft des Friedens und der Gerechtigkeit errichten, gegründet auf dem Respekt der Menschenrechte." Es sei wesentlich, wieder Sicherheit für alle herzustellen.
Nächste Papstreise geht nach Myanmar
Die Rohingya seien ein "friedliches und herzlichen Volk, das für Jahrzehnte friedlich und ohne Probleme mit der örtlichen Bevölkerung von Rakhine gelebt haben", zitiert der vatikanische Pressedienst Fides den Bischof. Vor vier Jahren seien nach einer angeblichen Vergewaltigung einer Frau durch einen Rohingya-Angehörigen Spannungen ausgebrochen. Die Lage eskalierte seiner Schilderung nach auch durch das Eingreifen buddhistischer Extremisten. Dadurch habe der Konflikt auch einen religiösen Charakter erhalten. Nach dem Eingreifen des Militärs bildete sich auf muslimischer Seite eine bewaffnete Gruppe, die ihrerseits Angriffe verübte. Besonders schwierig sei seither die Lage der Zivilisten und der Flüchtlinge, so der Bischof.
Derzeit sei das Gebiet abgeriegelt und niemand könne genau feststellen, was passiere. In der betroffenen Region lebten keine Christen. Die Kirche könne sich nicht direkt einschalten, zumal alle Zugangswege auch für Hilfsgüter versperrt seien. Papst Franziskus bricht im November zu einer politisch heiklen Mission nach Myanmar und Bangladesch auf (27. November bis 2. Dezember).
Exodus einer Minderheit
Ihr Heimatland verweigert ihnen die Staatsbürgerschaft, Bangladesch will rund 400.000 Flüchtlinge wieder zurück nach Myanmar abschieben. Nach UN-Angaben sind seit der Eskalation der Gewalt im Teilstaat Rakhine Ende August mehr als 200.000 Menschen über die Grenze nach Bangladesch geflohen.
Der Exodus der muslimischen Rohingya nach Bangladesch hält unvermindert an: Die Vereinten Nationen erklärten am Samstag, die Zahl der Flüchtlinge liege inzwischen bei knapp 300.000. Die muslimischen Rohingya, die vor der Verfolgung in ihrer Heimatprovinz Rakhine in Myanmar über die knapp 3.000 Kilometer lange Grenze nach Bangladesch fliehen, werden im mehrheitlich buddhistischen Myanmar seit langem verfolgt.
Minen gegen Muslime
Vor wenigen Tagen hat die Regierung damit begonnen, die Grenze zu Bangladesch zu verminen. Amnesty International kritisierte den Einsatz der Anti-Personen-Minen scharf. Die Sprengsätze stellten ein großes Risiko für die Fliehenden dar. "Es ist ein neues Tief in dieser bereits schrecklichen Situation in Rakhine", erklärte die Expertin der Menschenrechtsorganisation, Tirana Hassan. Das Militär im Myanmar gefährde mit der heimtückischen Nutzung solcher tödlichen Waffen an belebten Wegen im Grenzgebiet das Leben der Menschen.
Derweil kündigte das Internationale Rote Kreuz an, seine Hilfe im Grenzgebiet Myanmars und Bangladeschs aufzustocken. Man sei sehr besorgt über die Lebensbedingungen der Menschen in der Region, erklärte das Internationale Komitee des Roten Kreuzes. Die Organisation habe in dieser Woche begonnen, Lebensmittel und Trinkwasser an Flüchtlinge zu verteilen und erste medizinische Versorgung zu leisten.
Caritas hilft geflohenen Rohingya
Die Caritas kann jetzt der aus Myanmar geflohenen muslimischen Minderheit der Rohingya helfen. Die Regierung von Bangladesch gab ihren Widerstand auf, wie Caritas international am Freitag in Freiburg mitteilte. 50.000 Euro stehen jetzt für Nothilfe zur Verfügung: Zehntausende Geflohene erhalten nun unter anderem Lebensmittel und Trinkwasser.
In Bangladesch unterliegen die Rohingyas demnach strikten Auflagen, sie dürfen sich nicht frei bewegen und nicht arbeiten. Offiziell sind in dort 34.000 Rohingyas als Flüchtlinge registriert; tatsächlich lebten dort aber 350.000. Zuletzt wurden demnach rund 125.000 Rohingyas von Myanmar nach Bangladesch vertrieben. In Myanmar musste laut Caritas international die Unterstützung durch Hilfsorganisationen zuletzt eingestellt werden, weil das Militär Helfern der Zugang ins Konfliktgebiet verwehrte.
Myanmar erlaubt Rotem Kreuz humanitäre Hilfe in Rakhine
Myanmars Regierung erlaubt dem Internationalen Roten Kreuz Medienberichten zufolge humanitäre Hilfe in der Konfliktregion im Norden von Rakhine. Die Hilfsorganisation werde unabhängig von ethnischer Zugehörigkeit und Religion allen Vertriebenen "effektive humanitäre Hilfe leisten", berichtete die staatliche Zeitung "Global New Light of Myanmar" (Samstag), ein Sprachrohr der Regierung von Aung San Suu Kyi.
Zuvor hatte Myanmar in dieser Woche internationalen Hilfsorganisationen und den Vereinten Nationen die Arbeit in Rakhine untersagt. Beobachtern zufolge soll das Rote Kreuz nun diese Lücke füllen.
Kritik an Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi
In den muslimischen Ländern Malaysia, Indonesien und Bangladesch protestierten am Freitag Zehntausende Muslime gegen die Gewalt gegen ihre Glaubensbrüder in Rakhine. Der Zorn der Demonstranten richtete sich vor allem gegen Myanmars faktische Regierungschefin Aung San Suu Kyi; sie forderten unter anderem eine Aberkennung ihres Friedensnobelpreises.
Die aktuelle Gewaltwelle gegen die muslimische Minderheit begann am 25. August, als aufständische Rohingya einen Polizeiposten angegriffen hatten. Die Sicherheitskräfte reagierten mit einer Konter-Offensive, bei der mindestens 400 Menschen getötet, Tausende Häuser angezündete und Dörfer zerstört wurden. Tausende Vertriebene befinden sich immer noch auf der Flucht nach Bangladesch.