Vatikanprozess wegen Veruntreuung wirft neue Fragen auf

Rätsel um Finanzierung von Kardinalswohnung

Der Vatikanprozess zur Veruntreuung von Krankenhausgeldern will die umstrittene Finanzierung einer Kardinalswohnung klären. Der Weg ist wohl noch weit: Die jüngste Zeugenbefragung ergab jedenfalls neue Fragen.

Autor/in:
Stefanie Stahlhofen
Wohnung von Kardinal Bertone im Vatikan / © Annette Reuther (dpa)
Wohnung von Kardinal Bertone im Vatikan / © Annette Reuther ( dpa )

Mit einem Prozess zur Veruntreuung von Krankenhausgeldern will der Vatikan Licht ins Dunkel um die Finanzierung von Renovierungsarbeiten einer Kardinalswohnung bringen.

In dem seit Mitte Juli laufenden Verfahren muss sich der Ex-Präsident der Stiftung des vatikanischen Kinderkrankenhauses, Giuseppe Profiti, gemeinsam mit dem früheren Schatzmeister der Stiftung "Bambino Gesu", Massimo Spina, vor dem Vatikan-Gericht verantworten.

Die beiden sollen rund 420.000 Euro veruntreut haben um Kardinal Tarcisio Bertone, der einstigen Nummer zwei im Vatikan, die Renovierung seiner Wohnung mit Krankenhausgeldern zu ermöglichen.

Wunsch nach Transparenz

Bertone war wegen der Sanierung des 425-Quadratmeter-Appartments unmittelbar neben dem Petersdom in die Schlagzeilen geraten. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe tauschte der Vatikan im November 2015 den kompletten Klinikvorstand aus.

Der Wunsch nach Transparenz lässt sich zu Beginn der jüngsten Befragung am Freitag in dem kleinen Gerichtsaal fast mit Händen greifen: Obwohl die Herbstsonne in den Raum scheint, strahlen zusätzlich die Glühbirnen aller vier Kronleuchter von der Decke. Der Hauptangeklagte Giuseppe Profiti gibt sich selbstbewusst. Er wirkt in seinem grauen Anzug und mit einer Wirtschaftszeitung unterm Arm mehr wie ein Manager denn wie ein Angeklagter. Seine Befragung hat er hinter sich - sie dauerte fünf Stunden.

Diesmal dürfen andere ran: Im Zentrum steht Marco Bargellini. Der Ingenieur, im Governatorat des Vatikanstaats für Bausanierung zuständig, ist als Zeuge geladen. Das Vorgehen in der Causa Bertone sei insofern besonders gewesen, als der Kardinal das Projekt und die ausführende Firma vorgeschlagen sowie die Übernahme der Kosten angekündigt habe, führt Bargellini aus. Üblicherweise gehe die Initiative vom Governatorat als Inhaber der Immobilie aus, das dann auch für Renovierungskosten aufkomme und die Arbeiten vergebe.

Vorgestrecktes Geld?

In diesem Fall habe man dagegen das Geld für Bertone, der Kardinalstaatssekretär unter Benedikt XVI. (2005-2013) war, vorgestreckt, so Bargellini. Der Kardinal habe die Übernahme der Kosten per Brief zugesagt. Ob allerdings die ausgelegten Beträge tatsächlich rückerstattet wurden, bleibt einstweilen unbekannt.

Bertone, der beim Prozess bisher nicht in Erscheinung trat, erklärte laut Medien, er habe 300.000 Euro selbst für die Renovierung beigesteuert. Nach eigenen Angaben wusste er auch nichts von einem Beitrag der Stiftung.

Die Befragung des Ingenieurs wirft die Frage nach einer möglichen Doppelzahlung der Arbeiten auf: Einmal durch die Stiftung "Bambino Gesu" und einmal durch das Governatorat. Zuvor hatte nämlich der Ex-Chef der Stiftung, Profiti, angegeben, die Rechnungen für die Renovierung der Kardinalswohnung seien von der Stiftung beglichen worden. Der Kardinal hätte seine Räume im Gegenzug für Veranstaltungen zur Spendeneinwerbung für das Krankenhaus zur Verfügung stellen sollen, so Profiti. Medienberichten zufolge fanden bislang jedoch keine derartigen Termine in Bertones Wohnung statt.

Dass möglicherweise auch die Stiftung des vatikanischen Kinderkrankenhauses "Bambino Gesu" für die Renovierungsarbeiten aufkam, habe er nicht gewusst, führt Ingenieur Bargellini weiter aus.

Weitere Zeugenaussagen erwartet

Während der Anhörung dreier weiterer Zeugen, die alle den mitangeklagten Ex-Schatzmeister der Stiftung Massimo Spina entlasten, wird es Abend. Die Kronleuchter im Saal erfüllen nun ihren Zweck.

Auch in der Kardinalswohnung funktioniert das Licht übrigens, wie sich im Laufe des Verhandlungstages ergibt. Allerdings wurden die ausgeführten Elektroinstallationen nie abgenommen, da die ausführende Firma Konkurs anmeldete, so Bargellini. Das Governatorat habe deshalb von der zu zahlenden Summe fünf Prozent einbehalten.

Möglicherweise bringt die Befragung des Mannes, der hinter der ausführenden Firma steht, mehr Licht ins Dunkel. Gianantonio Bandera gilt als Freund von Profiti, von dem er die Aufträge für die Renovierung von bErtones wohnung zugeschanzt bekommen haben soll. Bandera soll am 2. Oktober vor dem Vatikangericht als Zeuge aussagen.


Quelle:
KNA