domradio.de: Die AfD war und ist das große Thema in den Medien. Hat die Partei diese Aufmerksamkeit verdient?
Bruder Paulus Terwitte OFMcap (Kapuzinerpater und Medienethiker): Diejenigen Menschen haben die Aufmerksamkeit verdient, die sich für diese Partei interessieren, weil sie offensichtlich einen Protest ausgedrückt haben, der nicht ausreichend von der herrschenden Politik gehört worden ist.
domradio.de: Wem nutzt es denn, wenn rund um die Uhr über die AfD berichtet wird? Davon profitiert doch in erster Linie die Partei selbst, oder?
Terwitte: Man muss unterscheiden zwischen der Berichterstattung vor und nach der Wahl. Es gibt ja leider diese Gesetzmäßigkeiten bei den Medien, dass nicht das Gewohnte berichtenswert ist, sondern das Andere. Und dass nur eine schlechte Nachricht eine gute Nachricht ist. Die Medien sollten sich überlegen, ob sie diesen Gesetzen nicht zu viel gehorcht haben. Ob die positiven Kräfte, die es ja im Lande gibt, die ganz normal einfach weiterarbeiten und weiterwirken, viel zu wenig in den Fokus der Berichterstattung gerückt werden. Nur weil der Konflikt immer interessanter ist als der Frieden.
Das führt auch dazu, dass die Leute den Eindruck haben, es gebe nur noch Konflikte und Unfrieden in dieser Welt. Und dann wird plötzlich fast nur noch über die AfD berichtet, eben weil es da so viele Konflikte gibt. Weil die sich eben auch auf die Fahnen geschrieben haben, die Medien vor sich her zu treiben, indem sie jeden Tag eine neue Skandaläußerung machen. Da hätten die Medien auch mal den einen oder anderen vermeindlichen Skandal sausen lassen sollen.
domradio.de: Aber man kann es den Medien doch nicht verdenken, wenn sie z.B. über den am Dienstag angekündigten Parteiaustritt von Frauke Petry massiv berichten?
Terwitte: Das ist schon eine Zwickmühle. Aber man kann doch auch unaufgeregt berichten. Man muss keine Bilder mit obszönen Gesten dafür verwenden. Man kann auch mal auf politisch Unkorrektes verzichten. Davon leben die sozialen Netzwerke, weil sie dann mehr Werbung verkaufen können. Aber in den Redaktionen braucht es eine klare Beschränkung. Auch damit man nicht das Spiel derer mitspielt, die sich immer wieder neu inszenieren, um groß in den Medien aufzutauchen.
domradio.de: Wie sollte man denn mit den AfD-Funktionären umgehen? Auf dem Katholikentag waren sie auf den Podien unerwünscht. Beim evangelischen Kirchentag dagegen wurden sie eingeladen. Was ist richtig?
Terwitte: Man muss schauen, ob Vertreter in der Lage sind, sachlich zu diskutieren oder ob sie die angebotenen Foren missbrauchen. Da gibt es ja einschlägige Erfahrungen mit Inszenierungen. AfD-Vertreter sollten solange nicht auf katholischen Veranstaltungen auftreten dürfen, wie man nicht sicher sein kann, dass sie sich inhaltlich einbringen wollen. Wenn sie nur durch medienwirksame Äußerungen auffallen wollen, sollte man sie auch nicht auftreten lassen.
domradio.de: Ihr Appell an die Medien?
Terwitte: Drei Regeln einhalten: Ich berichte nur über das, was ich selber gesehen und gehört habe. Ich verallgemeinere nicht, sondern berichte differenziert. Und: Die Normalität ist auch eine Nachricht wert.
Das Interview führte Hilde Regeniter.