Bedford-Strohm: Fundamentalistischer Islam gehört nicht zu Deutschland

Traditionen hinterfragen

Der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm hat die Muslime zum selbstkritischen Umgang mit den eigenen Traditionen aufgerufen. In einem Zeitungsinterview rief er außerdem dazu auf, mehr gegen Kinderarmut in Deutschland zu tun.

Heinrich Bedford-Strohm / © Wolfgang Kumm (dpa)
Heinrich Bedford-Strohm / © Wolfgang Kumm ( dpa )

"Ich erwarte von jeder Religion, dass sie ihre eigenen Traditionen kritisch prüft, ob sie zum Hass aufrufen oder ob sie Kräfte des Friedens sind", sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (Montag). Das sei auch für die christlichen Religionen immer eine Aufgabe gewesen.

"Ein Islam, der sich im Einklang mit den Menschenrechten weiß, gehört zu Deutschland, aber ein fundamentalistischer nicht", betonte der oberste Repräsentant der deutschen Protestanten. In Gesprächen mit den islamischen Verbänden sage er immer, dass er sich die Muslime noch viel mehr als demokratisch-zivilgesellschaftliche Kraft wünsche.

In der Diskussion über eine mögliche Ausweitung der Feiertagsregelungen für Muslime bekräftigte Bedford-Strohm seine ablehnende Haltung. "Es gibt für Muslime auch heute bereits die Möglichkeit, sich an ihren Feiertagen freizunehmen", sagte er. "Das religiöse Leben und die Glaubensfreiheit für Muslime ist damit gewährleistet."

Reformationstag als dauerhafter Feiertag?

Über Stimmen aus der Politik, den 31. Oktober dauerhaft als Feiertag zu etablieren, ist Bedford-Strohm nach eigenen Worten "natürlich nicht unglücklich". Zunächst einmal sei er aber froh darüber, dass der Reformationstag in diesem Jahr bundesweit ein Feiertag ist. Derzeit ist der 31. Oktober nur in den östlichen Flächenländern alljährlich arbeitsfrei.

Die evangelische Kirche feiert noch bis Dienstag 500 Jahre Reformation. Martin Luther (1483-1546) nagelte der Überlieferung zufolge am 31. Oktober 1517 seine 95 Thesen gegen Missstände der Kirche an die Tür der Wittenberger Schlosskirche.

Bessere Förderung von armen Kindern

Bedford-Strohm fordert mehr Geld für individuelle Förderung an Schulen und Kindertagesstätten, um die Kinderarmut zu verringern. "Nach wie vor ist es für ein Kind in Deutschland schwierig, einen hohen Bildungsabschluss zu erreichen, wenn die Eltern aus einer bildungsfernen Schicht kommen", sagte der Theologe den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Bildung sei jedoch eine wichtige Voraussetzung für Teilhabe. "Wir können uns nicht damit zufriedengeben, dass drei Millionen Kinder in Deutschland in Armut leben", sagte Bedford-Strohm. "Die werden in die Zustände hineingeboren und können am allerwenigsten dafür."

Für mehr soziale Gerechtigkeit müssten auch die Altersarmut und der Niedriglohnsektor ins Zentrum der Debatte gerückt werden, sagte der bayerische Landesbischof. Wer heute im Niedriglohnsektor arbeite, werde später keine auskömmliche Rente haben. "Dass Menschen, wenn sie alt sind, auf Stütze angewiesen sind, obwohl sie ein Leben lang gearbeitet haben, das ist einfach nicht gerecht", sagte Bedford-Strohm.

Von wohlhabenden Bürgern forderte der Landesbischof mehr Engagement: Viele Menschen, die über viel Geld verfügten, empfänden zwar eine tiefe soziale Verantwortung, "aber es gibt natürlich auch welche, die weisen diese Verantwortung zurück".


Quelle:
epd