domradio.de: Es handelt sich bei der Gedenkfeier um Menschen, die im vergangenen halben Jahr gestorben sind. Was für Menschen sind das? Welche Schicksale stecken dahinter?
Dr. Werner Kleine (Pastoralreferent in Wuppertal): Manchmal sind die Schicksale gar nicht so dramatisch. Das sind Menschen, die eine so genannte Ordnungsamtsbestattung bekommen haben. Wir haben hier in Wuppertal allerdings die glückliche Situation, dass bis auf einen einzigen Friedhof alle anderen Friedhöfe in kirchlicher Trägerschaft sind. Da gibt es keine anonymen Bestattungen in diesem Sinne. Trotzdem hat die Stadt Wuppertal natürlich einige Bürgerinnen und Bürger, die auf dem städtischen Friedhof bestattet werden und die eine solche Ordnungsamtsbestattung bekommen haben. Das heißt, die Bestattung hat unbegleitet stattgefunden. Man konnte also keine Angehörigen oder Ähnliches auf den ersten Blick ausfindig machen. Das heißt jetzt nicht sofort, dass diese Menschen unendlich einsam waren. Wir wissen gerade aus diesen Gottesdiensten für unbedacht Bestattete, dass da durchaus manchmal Nachbarn, Freundinnen und Freunde kommen. Wir hören dann, dass diese Menschen durchaus auch bei der anderen Beerdigung dabei waren. Die hatten also durchaus ein soziales Leben. Sie waren also nicht ganz schrecklich von einem Schicksal bedroht, sondern es gab keine Angehörigen, die sich kümmern konnten. Und dann passiert das immer. Wir erfahren das manchmal erst, dass da durchaus ein entsprechendes Umfeld war, wenn es zu dieser Bestattung kam. Das kommt vor. Es kommt aber auch vor, dass Menschen da sind, bei denen keine Angehörigen und keine Verwandten da waren, die in diesem Sinne auch einsam gelebt haben, verstorben sind und quasi von der Stadt beerdigt wurden. Da spielt dieser Gottesdienst dann aus unserer Sicht tatsächlich auch eine ganz wichtige Rolle. Gerade im Sinne eines erinnernden Gedenkens, dass alle Menschen, auch die Menschen, die keinen großen Freundeskreis hatten, letztendendes in Gottes Hand aufgehoben sind.
domradio.de: Wie kann man das Ganze denn würdig ausrichten?
Kleine: Die Initiative für diesen Gottesdienst ging von der Stadt Wuppertal aus. Das ist schon mal ein sehr bemerkenswertes Zeichen. Zentrales Element dieses Gottesdienstes ist, dass die Namen der Verstorbenen vorgelesen werden und zwar von einem Vertreter der evangelischen Kirche, von einem Vertreter der katholischen Kirche, und, das ist das ganz Besondere, der Oberbürgermeister kommt immer zu diesen Gottesdiensten und liest auch einen Teil der Namen vor. Er macht damit deutlich, dass die Stadt das unterstützt und dass die Stadt ihre Bürgerinnen und Bürger auch über den Tod hinaus nicht vergessen möchte. Und dazu werden jeweils die Namen vorgelesen, die werden immer in Dreierschritten vorgelesen, es werden Kerzen angezündet, an einem bestimmten Ort dargestellt, so, dass in diesen brennenden Lichtern – das sieht ein bisschen so aus wie das ewige Licht in der katholischen Kirche – man auch merkt: Diese Lebenslichter brennen letzten Endes weiter für uns.
domradio.de: Diese Traueranzeige ist in mehreren Zeitungen geschaltet worden und hat für ziemliches Aufsehen gesorgt. Es ging durch die sozialen Medien. Sie laden darin die Menschen in der Umgebung ein, um auch dazu zu kommen und dabei zu sein. Folgen denn einige Fremde auch diesem Aufruf?
Kleine: Das kommt vor. Ich glaube das hängt sehr davon ab, welche Namen in dieser Anzeige stehen. Wir hatten schon 200 Personen bei diesen Gottesdiensten, die mitgefeiert haben. Das ist dann doch eine sehr veritable Gottesdienstgemeinde. Das pendelt sich aber in der Regel zwischen 80 und 100 Personen ein. Es kommen also durchaus Leute, die vielleicht mit den Verstorbenen nachbarschaftlich oder freundschaftlich verbunden waren oder eben aus der Umgebung kommen, dazu.
Das Interview führte Verena Tröster.
Information: Die Trauerfeier in Wuppertal findet alle halbe Jahre statt. Am Freitag, 17.11.17, beginnt sie um 17 Uhr in der Gemarker Kirche.