DOMRADIO.DE: "Das kurzfristige Ziel für 2020 wird aus heutiger Sicht nicht erreicht werden" heißt es in dem Papier zum Sondierungsstand beim Thema Klimaschutz. War das bereits abzusehen, oder hat Sie die Nachricht überrascht?
Dr. Christiane Averbeck (Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland): Nein, uns hat die Nachricht nicht überrascht, trotzdem haben sowohl Angela Merkel als auch Martin Schulz versprochen, das Klimaziel einzuhalten. Deshalb erwarten wir, dass sie zu ihrem Wort stehen. Ein Verfehlen des Klimazieles ist von unserer Seite aus nicht einfach hinzunehmen.
DOMRADIO.DE: Morgen trifft sich die Sondierungsrunde und in knapp zwei Wochen steht der SPD-Parteitag an. Sehen Sie die Möglichkeit, dass die Klimaschutzziele 2020 geschafft werden?
Averbeck: Die große Koalition hat eigentlich viel zu lange gewartet und nichts getan. Das ist nun die Quittung. Wir denken, es braucht ein Sofortprogramm für den Klimaschutz. Wir denken, dass mit einem entschlossenen Abschalten von Kohlekraftwerken das Klimaziel durchaus erreicht werden kann. Es liegt am politischen Willen und nicht an der Machbarkeit.
Wir denken, dass die ältesten und dreckigsten Kohlekraftwerke bis Mitte des Jahres vom Netz müssen. Wir und andere NGOs und Verbände haben detaillierte Vorschläge erarbeitet, wie das tatsächlich noch zu erreichen ist. Wir müssen über 2020 hinausblicken und eine Energie-, Verkehrs- und Agrarwende auf den Weg bringen.
DOMRADIO.DE: Gibt es denn Hoffnung, dass sich in der Hauptverhandlungsrunde etwas tut?
Averbeck: Das hängt von der Durchsetzungskraft von Angela Merkel und Martin Schulz ab; inwiefern sie die Zögerer und Zauderer in ihren Parteien überzeugen können und davon, ob sie ihre Versprechen tatsächlich ernst meinen. Wir hoffen, dass der öffentliche Druck Wirkung zeigt. Wir wollen nicht einfach hinnehmen, dass Union und SPD zwei Jahre vor Fälligkeit das Handtuch werfen. Wir glauben, dass die Sondierer Gefahr laufen, dass ihr Ergebnis auf dem SPD-Parteitag abgelehnt wird. Menschen aus den betroffenen Regionen wollen doch endlich Klarheit und Planungssicherheit haben. Das geht nur mit konkreten Maßnahmen und Ansagen.
DOMRADIO.DE: Das ist ja nicht das einzige, was verhandelt worden ist. Gibt es denn irgendetwas Gutes zu berichten?
Averbeck: Beim Ausbau für erneuerbare Energien und der Einführung eines Klimaschutzgesetzes gehen die Vereinbarungen tatsächlich in die richtige Richtung. Ein Klimaschutzgesetz wollte die SPD bereits in der vergangenen Legislaturperioden einführen und ist dann an der CDU/CSU gescheitert. Es wäre schön, wenn es jetzt tatsächlich käme. Und es ist auch gut, dass SPD und Union endlich eingestehen, dass es einen Kohleausstieg mit Datum braucht. Wenn man entschieden in den Kohleausstieg einsteigt, muss man auch das Klimaziel nicht aufgeben. Der Klimawandel wartet nicht.
Das Gespräch führte Heike Sicconi.