Der Bundestag hatte den Gesetzentwurf von Union und SPD-Fraktion am 1. Februar verabschiedet. Er setzt einen Kompromiss um, den die drei Parteien bei ihren Koalitionsverhandlungen erzielt hatten. Ab dem 1. August sollen demnach im Rahmen von Kontingenten monatlich 1.000 Ehepartner und minderjährige Kinder subsidiär geschützter Flüchtlinge oder Eltern minderjähriger Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten können.
Näheres zu den Modalitäten ist noch rechtlich zu regeln. Die Härtefallregelungen aus dringenden humanitären Gründen bleiben von der Begrenzung unberührt. Der Bundestag hatte den Familiennachzug kurz nach der Einführung im März 2016 für zwei Jahre ausgesetzt.
Woelki kritisiert Entscheidung
Den Koalitionskompromiss von CDU/CSU und SPD zum Familiennachzug bei Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus hatte bereits der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki scharf kritisiert. Aus christlicher Sicht sei die Einigung von Union und SPD ein "Skandal", sagte Woelki der "Kölnischen Rundschau".
Unterschiedliche politische Ansichten
Die Finanzministerin von Schleswig-Holstein, Monika Heinold (Grüne), verwies auf humanitäre Gründe für den Antrag ihres von einem Jamaika-Bündnis regierten Landes. Der Familiennachzug stelle die beste Voraussetzung zur Integration dar. Familienfreundlichkeit gelte unabhängig von der jeweiligen Nationalität. Es gehe zudem darum, die Hoffnungen der Menschen nicht zu enttäuschen.
Der bayerische Justizminister Winfried Bausback (CSU) rechtfertigte dagegen die Aussetzung. Damit werde ein "zahlmäßig kaum zu prognostizierender Nachzug" verhindert und ein "wichtiger Schritt für mehr Begrenzung und mehr Ordnung geschaffen". Die Integrationsfähigkeit der Gesellschaft sei begrenzt. Es sei zwischen politisch Verfolgten Flüchtlingen mit einem Recht auf Familiennachzug und subsidiär geschützten Bürgerkriegsflüchtlingen zu unterscheiden.
Der thüringische Minister für Bundesangelegenheiten, Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), forderte hingegen, von der Aussetzung abzusehen. Er räumte hohe Belastungen für die Kommunen ein, unterstrich aber einen besonderen grundrechtlichen Schutz für Familien und Kinder. Der Berliner Kultursenator Klaus Lederer (Linke) sagte, die Aussetzung verletze Grund- und Menschenrechte. Eine Kontingentierung sei "nicht human, sondern zynisch". Es sei offen, nach welchen Kriterien ausgewählt werde.
Die beamtete Staatssekretärin im Bundesinnenministerium, Emily Haber, betonte, dass eine ausgewogene Lösung zwischen den Interessen der Flüchtlinge und der Integrationsfähigkeit Deutschlands gefunden werden müsse. Die Länder hätten enorme Kraftanstrengungen geleistet. Die Aufnahmefähigkeit von Deutschland stoße aber an Grenzen.
Hilfsorganisationen kritisieren Aussetzung
Im Vorfeld der Bundesratsabstimmung hatte die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl ihre Kritik an einer Begrenzung des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit eingeschränktem Schutzstatus bekräftigt. "Die Entscheidung des Bundestags ist unbarmherzig, familienfeindlich und darf keine Gesetzeskraft erlangen", erklärte Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt am Freitag.
Betroffen sind nach Angaben von Pro Asyl vor allem syrische Flüchtlinge. Ein Ende des dortigen Krieges sei nicht absehbar. Es sei eine "Irreführung der Öffentlichkeit", wenn man behaupte, der subsidiäre Schutz sei nur vorübergehend nötig. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer müssten ein Interesse daran haben, dass Integration gelinge. Doch die Sorgen um das Überleben der Angehörigen zerstörten die Integrationschancen, so die Organisation.
Auch das Deutsche Kinderhilfswerk bekräftigte seine rechtlichen Bedenken gegen die Einschränkungen beim Familiennachzug. Insbesondere mit dem Kindeswohl seien die weitere Aussetzung sowie die geplante künftige Begrenzung auf 1.000 Fälle pro Monat nicht vereinbar, erklärte die Organisation.