"Die Formen der Verbundenheit oder des Zugehörigkeitsgefühls zur Kirche sind unendlich viel pluraler geworden, als wir in der Kirchenleitung uns das je gedacht hätten. Darauf müssen wir uns einstellen", sagte der Essener Bischof dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Samstag) mit Blick auf eine notwendige Stärkung der Verbindung zwischen der Institution und ihren Mitgliedern.
Offenheit stärken
Als Beispiel nannte Overbeck Segnungsgottesdienste für Neugeborene, deren Eltern keine Taufe wünschten. Nur diese begründe die Mitgliedschaft in der Kirche, stellte Overbeck klar. "Aber unser Angebot nimmt jene ernst, die unsere Nähe suchen und den Segen Gottes für ihr Kind erbitten." An die Stelle des kirchlichen Lebens müssten "Kernorte des Glaubens" treten, eingebettet in große Territorialpfarreien. Dort werde sich dann auch die Leitungsfrage noch einmal ganz anders stellen. "Sie nur von den Priestern her zu beantworten, wird nicht möglich sein", so Overbeck mit Blick auf den Priestermangel in der katholischen Kirche.
Auf Kirchenaustrittsstudie reagieren
Vor dem Hintergrund einer vom Bistum in Auftrag gegebenen Studie zum Kirchenaustritt, die neben dem Erscheinungsbild der Kirche vor allem fehlende emotionale Bindung, eine langfristige Entfremdung sowie Glaubenszweifel als Hauptursachen für den Austritt ergaben, warnte Overbeck vor zu engen Vorgaben, was einen "echten Christen" ausmache. "Wir sollten mit Pflicht- und Leistungskatalogen sehr, sehr vorsichtig sein und sie schon gar nicht primär moralisch füllen", so Overbeck.
Der Bischof forderte Wertschätzung für den übergroßen Anteil der selten oder gar nicht praktizierenden Katholiken. "Wir sollten es sehr zu schätzen wissen, dass sich mehr als 90 Prozent der Essener Katholiken zur Kirche gehörig fühlen oder sie zumindest finanziell unterstützen und fördern, obwohl sie sonntags in der Regel nicht zum Gottesdienst kommen und unsere Dienstleistungen höchstens punktuell in Anspruch nehmen", sagte Overbeck.