Kritik an EU-Erlaubnis für Fusion von Bayer und Monsanto

Gravierende Folgen?

Der Agrarchemie-Konzern Bayer will mit dem Kauf des US-Konkurrenten Monsanto zur weltweiten Nummer eins werden. Die EU-Wettbewerbsbehörde hat nun den Weg dafür frei gemacht. Dafür hagelt es Kritik - auch von katholischer Seite.

Logo des Bayer-Konzerns / © Oliver Berg (dpa)
Logo des Bayer-Konzerns / © Oliver Berg ( dpa )

"Die EU hat damit versäumt, die Macht der Agrar-Konzerne stärker zu regulieren und die dringend notwendige Ernährungs- und Agrarwende zu unterstützen", sagte Misereor-Geschäftsführer Pirmin Spiegel in Aachen. Auch die mit der Genehmigung verbundenen strengen Auflagen der Behörden könnten Spiegel zufolge die Konzentrations- und Monopolisierungstendenz in der globalen Landwirtschaft nicht aushebeln.

Furcht vor Veränderungen in der Landwirtschaft

"Es handelt sich um kapitalintensive, hoch risikoreiche Ansätze, die weder an den Realitäten kleinbäuerlicher Betriebe ausgerichtet sind, noch an die sich verändernden klimatischen Bedingungen in Afrika, Asien, Lateinamerika und Europa", so Spiegel. Misereor befürchtet zukünftig Veränderungen der Landwirtschaft.

Gravierende Folgen wie steigende Preise für Saatgut, Dünger und Pestizide, eine immer geringere Saatgut-Vielfalt und geringere Innovationen im Agrarsektor seien wahrscheinlich. "Diese Entwicklungen bringen uns im nachhaltigen Kampf gegen Hunger und Unterernährung nicht vorwärts", sagte er.

Fusion mit Auflagen erlaubt

Die EU-Kommission hat dem deutschen Chemiekonzern Bayer die Übernahme des US-Agrar-Riesen Monsanto erlaubt. Die Fusion sei an umfangreiche Auflagen geknüpft, erklärte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Mittwoch in Brüssel.

Trotzdem hagelte es Kritik von Umweltschützern und Entwicklungsexperten, die höhere Preise für Saatgut und eine weitere Industrialisierung der Landwirtschaft befürchten.

Monsanto und Bayer gehören zu den weltgrößten Anbietern von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln, der US-Konzern vertreibt unter anderem das umstrittene Pestizid Glyphosat. Durch die Übernahme entsteht nach Kommissionsangaben "der weltweit größte integrierte Anbieter von Saatgut und Pflanzenschutzmitteln".

Pflicht zu umfangreichen Verkäufen

Damit der neue Konzern keine zu große Marktmacht bekommt, hat sich Bayer zu umfangreichen Verkäufen verpflichtet. Sie belaufen sich laut EU auf über sechs Milliarden Euro. Unter anderem wolle Bayer fast sein gesamtes Geschäft für das Saatgut von großflächig angebauten Pflanzen wie Sojabohnen und Raps verkaufen.

Die Fusions-Entscheidung erntete den Auflagen zum Trotz viel Kritik aus umwelt- und entwicklungspolitischer Perspektive. Der NABU sieht die Entscheidung "im Gegensatz zu den Forderungen von Umweltschützern und Verbrauchern auf der ganzen Welt, die sich eine umweltverträglichere, gift- und gentechnikfreie Landwirtschaft wünschen".

Die Grünen-Europaabgeordnete Maria Heubuch erklärte: "Schon heute teilen sich Konzerne die Märkte in Entwicklungsländern auf, dieser Trend wird sich nun noch verschärfen." Skeptisch ist auch "Brot für die Welt". "Wir sehen es durchaus als Gefährdung der Welternährung an", da nun nur noch vier Konzerne den Saatgut- und Pestizidbereich kontrollieren würden, sagte Stig Tanzmann, Agrarexperte des evangelischen Hilfswerks.

Kritik am Verfahren

Die Menschenrechtsorganisation FIAN verweist auf eine weitere Gefahr. Schon heute erschwerten in vielen Ländern staatliche Regeln die Eigenproduktion von Saatgut durch Landwirte sowie dessen lokalen Verkauf und Tausch. Der Einfluss der Konzerne, die in dieser Richtung Druck auf die Politik ausübten, nehme mit Fusionen zu, meint FIAN-Deutschland-Geschäftsführer Philipp Mimkes. "Wir befürchten, dass die Kleinproduzenten, die ja nach wie vor für 70 Prozent der Weltbevölkerung die Nahrung herstellen, dass die weiter an den Rand gedrängt werden", sagte Mimkes dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisierte das Verfahren, das zur Fusionsentscheidung führte. Zwar habe die AbL eine Stellungnahme abgeben können, doch unter fragwürdigen Umständen: "5 Tage Zeit, um 750 Seiten der Bewertung der Kommission zu lesen und dazu Stellung zu nehmen, wobei alle relevanten Marktdaten und Informationen geschwärzt sind und es keine öffentlich zugänglichen aktuellen Marktdaten gibt."

Inhaltliche Fehler bei der wettbewerbsrechtlichen Prüfung wirft der EU-Kommission die Initiative "Konzernmacht beschränken" vor. Die EU habe etwa die Bedeutung vor- und nachgelagerter Produktionsstufen zu unkritisch betrachtet. "Dabei ist es das ausdrückliche Ziel von Bayer-Monsanto, in Zukunft 'integrierte Lösungen', sprich Kombipakete von Saatgut und Pestiziden, anzubieten, die sie auch über ihre digitale Plattform verkaufen wollen", erklärte das Bündnis aus knapp 30 zivilgesellschaftlichen Organisationen.


Gentechnik: Das Erbgut von Pflanzen, Tieren und nun auch des Menschen ist veränderbar – wo ist die Grenze? / ©  Nicolas Armer (dpa)
Gentechnik: Das Erbgut von Pflanzen, Tieren und nun auch des Menschen ist veränderbar – wo ist die Grenze? / © Nicolas Armer ( dpa )
Quelle:
KNA , epd