Wie wird die Domuhr auf Sommerzeit umgestellt?

So tickt der Kölner Dom

In der Nacht zu Sonntag werden die Uhren vorgestellt – das betrifft auch die fast 140 Jahre alte Uhr im Langhaus des Kölner Doms. Über ihre Besonderheit sprechen Matthias Deml von der Dombauhütte und Uhrmachermeister Christian Schnurbus.

Die Domuhr im Kölner Dom / © Jennifer Rumbach  (Erzbistum Köln)

DOMRADIO.DE: Uhren müssen an allen möglichen Stellen umgestellt werden. Eine auch im Langhaus des Kölner Doms. In der Regel geistert der Dombaumeister dann nachts durch den Dom. Warum kann er die Uhr denn nicht schon abends, bevor es ins Bett geht, umstellen?

Matthias Deml (Pressereferent der Dombauhütte Köln): Das würde natürlich die Leute in Köln sehr irritieren, weil dann den ganzen Abend über der falsche Stundenschlag zu hören wäre. Deswegen lässt sich der Dombaumeister dies seit langer Zeit nicht nehmen. Auch seine Vorgänger haben das schon so gemacht. Man steigt dann nachts auf den Dom hoch in den sogenannten Uhrenboden, wo das Uhrwerk steht und stellt die Uhr in diesem Fall eine Stunde vor. Das wird er gegen 1 Uhr machen. Das heißt, dass das Ziffernblatt eine Stunde lang die falsche Uhrzeit anzeigt, aber das merken nur die Nachtwachen im Dom. Der Uhrschlag, den man draußen hört, ist dann um 2 Uhr nach Winter- und um 3 Uhr nach Sommerzeit korrekt.

DOMRADIO.DE: Diese Uhr im Langhaus des Kölner Doms hat für Wochen geschwiegen. Sie läuft gerade erst wieder frisch. Herr Schnurbus, Sie sind Uhrmachermeister und Restaurator. Sie haben das mechanische Uhrwerk restauriert. Ist das bei einer so alten Uhr für Sie etwas Besonderes?

Christian Schnurbus (Uhrmachermeister und Restaurator der Uhr im Langhaus des Kölner Doms): Ich restauriere regelmäßig alte Uhren, aber es ist natürlich etwas ganz besonderes die Uhr des Kölner Doms restaurieren und betreuen zu dürfen. Es war auch komisch, die Uhr komplett zerlegt zu sehen und über die Wochen auch keinen vertrauten Stundenschlag mehr zu hören. Es war doch sehr ruhig auf der Domplatte in der Zeit.

DOMRADRIO.DE: Sie werden es sich aber auch nicht nehmen lassen die Nacht mit Herrn Füssenich hochzugehen in den Dom, um diese umzustellen. Wie funktioniert das technisch?

Schnurbus: Das ist etwas komplizierter bei dieser Uhr, weil sie eine etwas eigentümliche Mechanik hat. Man kann sie nicht wie eine herkömmliche Turmuhr vorwärts oder rückwärts stellen. Man muss sozusagen den Bremsmechanismus aushebeln und den Zeiger so lange vorwärts laufen lassen bis die Stelle, wo er dann stehen muss. Das ist also nicht so einfach bei dieser Uhr.

DOMRADIO.DE: Aber die Sommerzeit geht ja noch?

Schnurbus: Die Sommerzeit geht, weil es nur eine Stunde vorwärts ist. Rückwärts drehen geht bei antiken Uhren leider nicht und da bleibt dann nur die Möglichkeit sie anzuhalten oder 11 Stunden vorlaufen zu lassen, was natürlich auch für das Räderwerk einen hohen Verschleiß bedeutet. Das ist schon sehr aufwendig.

DOMRADIO.DE: Sie haben jetzt die Uhr begleitet. Können Sie noch etwas zu dieser Uhr an sich sagen?

Schnurbus: Die Domuhr ist eine ganz besondere Turmuhr, weil sie ein Werk des berühmten Turmuhrenbauers Johann Mannhardt aus München ist. Er war königlicher Hofmechanikus und hat seit seiner Ausbildung schon erforscht warum die Uhren bei Kälte und Wärme falsch gehen und welche Faktoren auf die Ganggenauigkeit einwirken. Dementsprechend ist diese Uhr ein Produkt aus der Forschung seines gesamten Uhrmacherlebens. Als er um die 65 Jahre alt war, hat er diese Uhr mit freischwingendem Pendel vorgestellt. Freischwingend heißt, dass das Pendel überhaupt nicht vom Uhrwerk gestört wird und eine halbe Minute vollkommen frei und ungestört schwingt. Dementsprechend weist sie auch eine sehr hohe Ganggenauigkeit auf. Das ist etwas ganz besonderes an dieser Uhr. Sie geht genauer als sie eigentlich gehen darf für ihr Alter und das ist sehr beeindruckend. 

DOMRADIO.DE: Und dann muss dafür gesorgt werden, dass sie auch weiterhin so genau geht. Herr Deml, wir der Dombaumeister denn noch andere Uhren umstellen müssen? 

Deml: Er wird natürlich – wie wir alle auch – seine privaten Uhren umstellen müssen, aber im Kölner Dom gibt es nur die eine große Turmuhr. Alles andere ist dann ganz normal. 

DOMRADIO.DE: Und für Sie ist das auch etwas Besonderes, die Klocke jetzt wieder klingen zu hören und zu wissen, dass alles so genau läuft?

Deml: Das ist wirklich sehr faszinierend und es ist vor allem sehr schön, dass wir diese Uhr noch besitzen, weil viele andere Kirchen ihre Turmuhren im 20. Jahrhundert modernisiert und elektrische Turmuhren angeschafft haben. Dass wir hier wirklich noch eine hundertvierzigjährige Uhr haben, die eine so große Genauigkeit hat, ist natürlich etwas ganz besonderes.

Das Interview führte Dagmar Peters.


Restaurierung und Instandsetzung der Dom-Uhr durch den Uhrmachermeister und Restaurator Christian Schnurbus / © Mira Unkelbach  (Erzbistum Köln)
Restaurierung und Instandsetzung der Dom-Uhr durch den Uhrmachermeister und Restaurator Christian Schnurbus / © Mira Unkelbach ( Erzbistum Köln )

Matthias Deml / © Matthias Jung (KNA)
Matthias Deml / © Matthias Jung ( KNA )
Quelle:
KNA