Schwedens Katholiken gegen Verstaatlichung konfessioneller Schulen

"Es wäre ein herber Verlust"

Gibt es bald keine katholischen Schulen mehr in Schweden? Wenn es nach der regierenden Sozialdemokratischen Arbeiterpartei geht, sollen alle religiösen Schulen in der nächsten Legislaturperiode verstaatlicht werden.

Autor/in:
Jann-Jakob Loos
 (DR)

Unruhige Zeiten sind das in Schweden. Aber man nimmt es wie immer in Skandinavien gelassen, sagt zumindest der Generalvikar des Bistums Stockholm, Pascal Lung gegenüber DOMRADIO.DE. Pläne der regierenden Sozialdemokratischen Arbeiterpartei sind Auslöser dieser Unruhe im Land. Die Partei von Ministerpräsident Stefan Löfven plant, alle religiösen Schulen in Schweden zu verstaatlichen. 71 Schulen wären davon betroffen: 59 christliche, elf muslimische und eine jüdische.

Vor allem für die Katholiken im Land wäre das "ein herber Verlust", so die Generalsekretärin der Nordischen Bischofskonferenz, Anna Mirijam Kaschner bei DOMRADIO.DE. Von der katholischen Kirche hagelt es Kritik am Vorhaben der Politiker. Gemeinsam mit anderen christlichen Kirchen wolle man gegen diesen Vorstoß protestieren. Laut Kaschner behält sich Stockholms Kardinal Arborelius sogar vor, den Europäischen Gerichtshof einzuschalten.

Reiner Wahlkampf?

Kaschner, die die Geschäfte der Bischöfe in Skandinavien koordiniert, erkennt als Hintergrund für diesen Vorstoß reinen Wahlkampf. Die sozialdemokratische Partei habe einen Aufschrei im letzten Jahr aufgegriffen. Auslöser sei ein Beitrag im schwedischen Fernsehen gewesen, der Missstände in einer Imamschule gezeigt habe. Es sei um die Vermittlung anti-demokratische Werte gegangen.

In Folge hieß es nun aus der Partei: Konfessionelle Schulen förderten die Segregation und Geschlechtertrennung der Schüler und vermittelten keine demokratischen Werte. "In unseren Schulen sollten Lehrer und Direktoren die Entscheidungen treffen, nicht Priester und Imame", zitierte die US-amerikanische Nachrichtenagentur Catholic News Agency die Ministerin für gymnasiale Bildung und Weiterbildung, Anna Ekström.

"Ziemlicher Unsinn", nennt Generalsekretärin Kaschner die Vorwürfe. Schließlich müssten sich alle Schulen, ob staatlich oder konfessionell an den staatlichen Lehrplan halten, der auch überprüft werde. Im September wird in Schweden gewählt. Die Partei trete jetzt mit dem Wahlversprechen an, alle konfessionellen Schulen zu schließen.

Noch schärfer kritisierte die Direktorin der Schule Notre Dame in Göteborg, Paddy Maguire, die Vorwürfe der Partei. Antidemokratische Haltung und strenge Geschlechtertrennung beträfen zwar nur islamische Schulen, die Sozialdemokraten seien aber "zu feige, das zuzugeben", sagte sie gegenüber der katholischen Nachrichtenagentur CNA.

Pläne hätten schwerwiegende Folgen

Für Schweden hätten die Pläne schwerwiegende Folgen, meint der Generalvikar des Bistums Stockholm, Lung. Die katholischen Schulen setzten sich schließlich in besonderer Weise für Integration ein und wiesen darüber hinaus besonders gute schulische Leitungen auf. Es sei aber gar nicht der Unterricht der katholisch sei, so Generalvikar Lung, sondern das Benehmen und das Verhältnis zu Kindern und Eltern. Das habe die Partei von Ministerpräsident Stefan Löfven noch nicht verstanden, weil sie die katholische Kirche gar nicht kenne, erklärte Lung.

In Schweden seien die katholischen Schulen aber durchaus anerkannt, bestätigt Monsignore Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerks der deutschen Katholiken bei DOMRADIO.DE. Es ginge darum, wie Kinder in Zukunft Inhalte des Glaubens und auch ethische Werte kennenlernen könnten.

Wenn es diese Möglichkeiten sich zu entscheiden nicht gäbe, würde den Kindern und Eltern die Freiheit genommen, so Austen. Generalvikar Lung meint, in Schweden verstünde man Religionsfreiheit oft als "Recht, von Religion befreit zu sein" statt eine Religion ausüben zu können. Er sieht das "Menschenrecht Religionsfreiheit" in Gefahr und unterstützt den Gedanken seines Kardinals auch, wenn nötig, vor dem Europäischen Gerichtshof dafür einzustehen.

Stockholms Generalvikar sieht aber eine breite gesellschaftliche Unterstützung für den Erhalt der konfessionellen Schulen. "Die Gesellschaft ist nicht bereit, soweit zu gehen". Es gehörten immer noch sechs Millionen Schweden der schwedischen Kirche an und für sie käme es nicht in Frage, die christlichen Schulen zu verbieten. Ohnehin solle man in Deutschland nicht glauben, dass alle Schweden hinter dieser Idee stünden. Er selber glaubt - wie auch Schwester Anna Mirijam Kaschner - nicht, dass das Vorhaben der Sozialdemokraten Wirklichkeit wird.


Pascal René Lung, Generalvikar des Bistum Stockholm (Bonifatiuswerk)
Pascal René Lung, Generalvikar des Bistum Stockholm / ( Bonifatiuswerk )

 Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke (KNA)
Sr. Anna Mirijam Kaschner / © Julia Rathcke ( KNA )

Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken (Bonifatiuswerk)
Georg Austen, Generalsekretär des Bonifatiuswerkes der deutschen Katholiken / ( Bonifatiuswerk )
Quelle:
DR