DOMRADIO.DE: Herr Zalfen, es gibt Dinge, die kann ein historischer Kirchenführer nicht erzählen, welche sind das?
Thomas Zalfen (Pastoralreferent): Das sind die Geschichten über das Gemeindeleben, das dort stattfindet - also letztendlich wie Gemeinde den Kirchenraum füllt. Es ist ja kein Raum, der als Museum dient, sondern ein lebendiger Raum, wo sich die Gemeinde immer wieder versammelt. Es geht um die Fragen: Wie wird Gottesdienst gefeiert? Wie wird der Alltag dort begangen – von der Taufe bis zur Beerdigung? All das kriegen die Leute so erstmal nicht mit.
DOMRADIO.DE: Frau Kirsch, sie sind eine der Ehrenamtlichen, die das ändern möchte, denn sie kennen die Basilika St. Gereon sehr gut. Was verbindet Sie mit der Kirche?
Henrike Kirsch (ehrenamtliche Kirchenführerin): Ich bin über St. Alban vor 20 Jahren nach Köln gekommen. St. Alban hat mich fasziniert. Und weil St. Alban zu St. Gereon gehört, habe ich mir natürlich auch diese Kirche angeguckt und war wahnsinnig beeindruckt von dieser Größe und der Schönheit dieser Fenster und dieses Raums.
Stück für Stück habe ich mich dann über die Kirche erkundigt, viel darüber gelesen und wollte einfach mehr erfahren. Und mich hat interessiert, was die Menschen dort machen. Ich wollte wissen, wie wird die Kirche eigentlich "bespielt".
DOMRADIO.DE: Haben Sie dafür ein Beispiel?
Kirsch: Zum Beispiel finde ich es wirklich beeindruckend, wenn die Orgel erklingt, wenn dieser ganze Raum von diesem Klang erfüllt wird. Denn auch dafür ist er ja gebaut. Aber bespielt wird die Kirche auch einfach, wenn sich dort die Menschen versammeln, ob zu Taufe, Festen oder Beerdigungen.
DOMRADIO.DE: Herr Zalfen, diese Geschichten den Besuchern zu erzählen, das ist jetzt die Intention - also eine Kirchenführung von Gemeindemitgliedern, durchgeführt für die Besucher? Wie genau stellen Sie sich das vor?
Zalfen: Das sind ja sehr unterschiedliche Typen, die die Gemeinde ausmachen. Da sind Leute, die über andere Kirchen und über einen anderen Lebensweg in unsere Gemeinde gekommen sind.
Da sind aber auch Leute, die mit der Kirche quasi verwachsen sind, die nach dem Krieg dort aufgewachsen sind, die als Kinder in den Trümmern gespielt haben; und die einfach erzählen können, wie sich dieser Raum im Laufe der Jahre eben verwandelt hat und wie sie dort ihren Glauben leben.
DOMRADIO.DE: Finden Sie da Menschen, die das teilen möchten?
Zalfen: Wir haben einige Menschen aus der Gemeinde, die aus der Lameng ganz tolle Führungsideen hatten. Das geht von Glockenführungen bis zu Führungen zu besonderen Orten, wo einfach Menschen eine besondere Beziehung zu Gegenständen und Orten haben und das erzählen wollen. Was uns eher fehlt, sind die Leute, die sich das anhören wollen.
DOMRADIO.DE: Frau Kirsch, Sie haben auch etwas sehr Spezielles in Ihre Kirchenführung eingebracht. Sie führen Glaubensgespräche. Was ist das?
Kirsch: Die Glaubensgespräche sind aus den Führungen entstanden. Ich habe mir immer ein Spezialthema ausgesucht, mal die Fenster, mal versteckte Gegenstände. Aber da ist mir aufgefallen: Dann rede nur ich. Am Ende der Führung habe ich gesehen, dass die Leute das Bedürfnis haben, selber etwas darüber zu erzählen, was sie über die Kirche wissen oder darüber, was sie mit den Gegenständen verbinden.
DOMRADIO.DE: Zum Beispiel?
Kirsch: Eine Marienfigur, wo sie regelmäßig hingehen und beten. Da dachte ich mir: Statt Führungen mache ich jetzt Glaubensgespräche. Sonst gibt es viele verpasste Momente. Wir gehen also jetzt bestimmte Stationen in der Kirche ab, stellen uns etwa vor der Pietà auf und überlegen uns, was uns dazu einfällt. Es entsteht ein sehr lockeres Gespräch. Erstaunlicherweise lassen sich die Leute super dazu motivieren.
Das Interview führte Verena Tröster.