Oasentag der Priester im Erzbistum Köln

"Proviant für den Weg durch Glaubenswüsten"

Es ist eine Bezeichnung, die durchaus die Sinne anregen kann: der Oasentag. Zu einem solchen lud Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki an diesem Montag Priester, Seminaristen, Diakone und Priesteramtskandidaten des Erzbistums Köln ein.

Autor/in:
Beatrice Tomasetti
Bis auf den letzten Platz ist die Kölner Minoritenkirche besetzt / © Beatrice Tomasetti (DR)
Bis auf den letzten Platz ist die Kölner Minoritenkirche besetzt / © Beatrice Tomasetti ( DR )

Bindung und Befähigung, Zuspruch und Anspruch, Verheißung und Versprechen – an diesen Begriffen entlang entwickelte Axel Hammes, Spiritual des Bonner Theologenkonvikts Collegium Albertinum, seinen Vortrag "Gott und den Menschen versprochen".

Auf Einladung von Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki sprach er vor mehreren hundert Priestern und Diakonen in der Kölner Minoritenkirche über die einzelnen Weiheversprechen bei der Priesterweihe. Denn in der Chrisam-Messe, die der Erzbischof im Anschluss mit allen Anwesenden im Kölner Dom feierte, erneuern traditionell alle Priester ihre Bereitschaftserklärung zum priesterlichen Dienst.

Schon vor 20 Jahren, zum Zeitpunkt seiner eigenen Weihe, sei die um sich greifende Entkirchlichung, das Schwinden von sichtbar gelebtem Glauben an Christus nicht zu übersehen gewesen, so analysierte Hammes gleich zu Beginn seiner Ausführungen. Doch seitdem sei diese Krise noch weiter fortgeschritten. Die Fragen, ob die Gemeinden und die Kirche immer noch Orte der lebendigen Christusbegegnung seien, wozu ein Priester und auch ein Diakon heute überhaupt noch gebraucht würden, seien drängender geworden.

Weg durch die Glaubenswüste

Diese jährliche "Oase" helfe daher, so der Referent, um aus den Quellen der eigenen Berufung neuen Proviant für den Weg "durch die Glaubenswüsten unserer Zeit" zu schöpfen. "Wir erneuern gemeinsam das Weiheversprechen, mit dem wir uns einst ein Leben lang an Christus und seine Kirche gebunden haben." Auch wenn dies auf den ersten Blick nur die Vielfalt der Aufgaben und Pflichten, die mit diesem Dienst verbunden sind, auflistete, böte es doch weit mehr als bloß eine Messlatte, "an der wir uns tagtäglich prüfen sollten, ob wir das Richtmaß erreichen".

Mit seinem "Promitto" – zu Deutsch: Ich verspreche es – nehme der Weihekandidat ein wirklich vielversprechendes Wort in den Mund, das gleichermaßen menschliches Versprechen und göttliche Verheißung bedeute, erinnerte Hammes seine Zuhörer. Wörtlich sagte er: "Hier reagiert ein menschliches Versprechen auf göttliche Verheißung.

Denn wir können nur antworten, weil schon längst ein anderer uns bearbeitet, an uns Großes getan hat. Wir stehen ja nicht am Nullpunkt." Zugleich gehe es um etwas Dynamisches, Schöpferisches: um ein "Emporwachsen". Das bedeute, dass mit dem Weiheversprechen kein Ende erreicht, sondern ein vielversprechender Anfang dafür gesetzt werde, "dass Gottes Gnade weiter über unsere natürlichen Möglichkeiten hinauswachsen kann".

Notwendigkeit der Gemeinschaft

Hammes betonte die Notwendigkeit der Gemeinschaft mit dem Bischof und untereinander: "Wir sind nicht zum Einzelkämpferdasein berufen. Wir sind und bleiben angewiesen aufeinander. Ein ‚alter Christus’ ist niemand für sich selbst, sondern immer nur im Raum der konkreten Kirche mit den anderen und für die anderen Glaubenden.

Christliche Identität realisiert sich als Identität des Leibes Christi." Auch wenn immer gepredigt würde, dass niemand für sich alleine glauben kann, müsse dies von jedem Einzelnen vorgelebt werden, gab der Bonner Spiritual zu bedenken und mahnte eine Vertrauensbasis und belastbare Verbindung zwischen Bischof und Presbyter an.

"Manchmal entsteht freilich der Eindruck, dass wir uns in der professionellen Betriebsamkeit unseres heiligen Gewerbes zu wenig Zeit nehmen, diesen Klang von ‚Gottes Tonweise’ aufzunehmen und zu verinnerlichen. Dabei spielen wir diese nicht selbst, sind lediglich die Instrumente." Denn nur mit dem Heiligen Geist werde auch das "Kölner Instrument" klar und nicht aufgesetzt klingen und "das, was wir im Namen des Herrn so alles von uns geben".

Ruf Gottes vernehmen

Auch müsse ein Priester Diener des Wortes sein und den Ruf Gottes vernehmen. "Wo immer Gott beruft, gerät seine Geschichte mit uns Menschen neu in Bewegung, im Kleinen wie im Großen. Denn unser Gott gefällt sich ebenso als ‚global Player’ wie als ein in Detail und in die Hinterhöfe dieser Welt Verliebter." An vielen Allerweltsorten, wie auch die biblischen Beispiele zeigten, habe sich Berufung ereignet. Eine geistliche Stunde wie diese konfrontiere mit der eigenen Berufungsgeschichte und den Antworten auf den großen Rufer.

"Ein ehrliches, ein echtes Wort der Verkündigung kann immer nur Antwort sein auf Gottes Wort an mich selbst. Antwort auf meine Berufung. Auch deswegen ist es lebensnotwendig für uns, dass wir Männer des Gebetes bleiben und immer mehr werden. Nur aus dem Gebet heraus kann ich entschieden für den Ruf Gottes eintreten, damit die mir anvertraute Gemeinde nicht zur religiösen Interessensgemeinschaft verkümmert, sondern bestärkt wird als Volk Gottes", unterstrich Hammes.

Herzkammer des Glaubens

Das sakramentale Leben eines Priesters bezeichnete er als "Herzkammer des Glaubens".  "Wer es gelernt hat, als Diener des Wortes zu leben, der wird niemals wie ein Kultbeamter auftreten: niemals bloß Dienst nach Vorschrift schieben, das Heilige managen wie ein Filetstück der sakralen Produktpalette, die Altarinsel als Bühne zur Selbstdarstellung missbrauchen." Trotz der verliehenen sakralen Vollmacht stehe nicht in der Macht des Einzelnen, was in den Sakramenten geschehe. "Auch wir geistlich Bevollmächtigten leben nicht von Selbstgemachtem und Erdachtem, sondern von dem, was wir empfangen dürfen."

Bei der Spendung der Sakramente dürfe es nicht um Routine gehen, um ein Verstecken hinter heiligen Formeln und Formen. Trauer, Zweifel, Schmerz und Sprachlosigkeit könnten in der helfenden Kraft des Ritus aufgefangen werden, erklärte der Geistliche. Die Beichte dürfe kein Schattendasein führen, der Verkündigung müssten mehr Vitamine der Ermutigung und des Zuspruchs beigemischt werden. "Was wir in den Sakramenten feiern, muss sich im täglichen Leben bewähren."

Soziales Handeln der Kirche

So auch das soziale Handeln der Kirche. "Was wir im Glauben bekennen, darf nicht im luftleeren Raum hängen bleiben und über den konkreten Lebensbedingungen der Menschen schweben." Trotzdem dürfe soziales Engagement aus der Kirche keine Moralanstalt machen, "die sich und der Welt beweisen will, dass sie am besten weiß, den allgemeinen Sinn für Wohlfahrt und Gerechtigkeit zu heben". Weder Sozialagentur noch reine Wohltätigkeitsstiftung sollte kirchliche Caritas sein, die sich zu den Armen und Gestrandeten huldvoll herabbeuge. "Es geht darum, sich vom verwundeten und wehrlosen Christus berühren zu lassen, der uns eben sein Gesicht bevorzugt in denen zeigt, die sich selbst nicht helfen können."

Schließlich betonte der Referent, Bischof, Priester und Diakon könne nur sein, wer mit dem Auferstandenen leben wolle – "und das nicht bloß in einer lockeren Wohngemeinschaft, sondern in einer Symbiose, wie sie nur von Christus her möglich ist". Er nehme nichts von der eigenen Freiheit, Individualität und den Leidenschaften – "er kann und will sie weiten, bereichern."

Auch beim Gehorsam – dem letzten der Weiheversprechen – betonte Hammes ein verantwortliches Miteinander zwischen Bischof und Kandidat. Der Oberhirte solle keine Machtspiele betreiben, vertraut sein mit den Seinen und ehrlich besorgt. "Gerade wo Erwartungen nicht erfüllt wurden, wo es zu Scheitern und Enttäuschungen kam, muss sich der bischöfliche Hirtendienst bewähren." In der Kirche dürfe Kommunikation niemals eine Sache von soldatischem Befehl, sondern – stets im Dialog – eine der gegenseitigen Achtsamkeit und des Austauschs der vielfältigen Gaben sein. "Nur so bleibt der Leib Christi gesund und vital."


Collegium Albertinum-Spriritual Dr. Axel Hammes spricht über den priesterlichen Dienst / © Beatrice Tomasetti (DR)
Collegium Albertinum-Spriritual Dr. Axel Hammes spricht über den priesterlichen Dienst / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
DR