Zeitung: Auch der BND bespitzelte Kardinal Döpfner

Früherer Münchner Erzbischof im Visier?

Der damalige Münchner Kardinal Julius Döpfner soll nicht nur von Spionen der DDR, sondern auch von westdeutschen Agenten bespitzelt worden sein. Dem Erzbistum München und Freising liegen dazu allerdings keine Erkenntnisse vor.

Siegel des Bundesnachrichtendienstes / © Michael Kappeler (dpa)
Siegel des Bundesnachrichtendienstes / © Michael Kappeler ( dpa )

Das gab ein Sprecher des Erzbistums auf Anfrage bekannt. Über die Bespitzelung berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (Donnerstag) unter Berufung auf das bisher unbekannte Privatarchiv von Reinhard Gehlen, das der Zeitung zugespielt worden sei.

Bedeutender Kirchenmann

Gehlen war Generalmajor der Wehrmacht und baute nach dem Zweiten Weltkrieg den Bundesnachrichtendienst (BND) auf, dessen erster Präsident er war. Er starb 1979 in Berg am Starnberger See. Döpfner (1913-1976) war als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz und einflussreicher Teilnehmer des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) einer der bedeutendsten deutschen katholischen Bischof der Nachkriegszeit.

Dem Bericht zufolge beschäftigte sich der BND mit Döpfner bereits in der Zeit, als dieser Bischof in Berlin (1957-1961) war. Der westdeutsche Auslandsgeheimdienst sei irritiert gewesen über die bevorstehende Versetzung Döpfners nach München. Wie auch die Stasi sei der BND zum Ergebnis gekommen, dass Papst Johannes XXIII. Döpfner aus politischen Gründen abgezogen habe. Nach Einschätzung eines "Gelegenheitsinformanten mit sehr guten Beziehungen zu hohen Würdenträgern" habe der Vatikan Döpfner für politisch verbrannt gehalten.

Der erklärte Antikommunist war von der DDR bereits 1958 mit einem Einreiseverbot belegt worden und konnte so einen Großteil seines Bistums nicht mehr besuchen. Wenig später, so die Zeitung, habe ein BND-Spitzel mit Tarnnamen "Petrus" gemeldet, Döpfner sei entschlossen, sich der päpstlichen Umzugsanweisung zu widersetzen.

Dieser habe Berlin keinesfalls verlassen wollen. Tatsächlich trat der Bischof Monate später seinen Dienst in München an.

Innerkirchliche Gründe für Wechsel

Darüber hinaus hätten auch innerkirchliche Gründe bei dem Wechsel eine Rolle gespielt, die erst durch die Gehlen-Akten ans Licht gekommen seien, schreibt die SZ. In München werde Döpfner "aus seelsorgerischen Gründen dringend benötigt", zitiert die Zeitung eine "Vortragsnotiz Nr. 1209" des BND. Sein Vorgänger Kardinal Joseph Wendel (1901-1960) habe sich "gegenüber dem selbstherrlichen Domkapitel nicht durchsetzen" können, in der Erzdiözese seien die Dinge "ziemlich verlottert". Döpfner verfüge über die "nötige Härte", um für Ordnung zu sorgen, und sei daher "der geeignete Mann".

Laut SZ setzte die Stasi in München 1966 vier "inoffizielle Mitarbeiter" zur Beschattung des Kardinals an. Auch der BND habe sich weiter für Döpfner interessiert. So seien Gehlens Leute empört darüber gewesen, als der Kirchenmann den Posten des Militärbischofs ausgeschlagen habe.


Julius Döpfner (Erzbistum München und Freising)
Quelle:
KNA
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