Kölner Bürgergesellschaft über die Spendenaktion für den Petrusbrunnen

"Sprudelt, weil wir uns dafür engagiert haben"

Das DOMRADIO.DE-Patenkind, der Petrusbrunnen, würde ohne die Bürgergesellschaft Köln von 1863 nicht auf dem Roncalli-Platz stehen. Zwei Vorstandsmitglieder berichten von einer aufregenden Spendenaktion und dem Engagement der Gesellschaft.

Der 1870 geschaffene Petrusbrunnen kam 1999 ins Depot und kehrte 2010 zurück. / © Melanie Trimborn (DR)
Der 1870 geschaffene Petrusbrunnen kam 1999 ins Depot und kehrte 2010 zurück. / © Melanie Trimborn ( DR )

DOMRADIO.DE: Seit 2010 steht der Petrusbrunnen mit Blick auf den Roncalliplatz. Wie kam es damals dazu, dass Sie sich so für den Brunnen engagiert haben?

Heinz-Otto Schmitz-Pranghe (Ehemaliger Vorsitzender der Bürgergesellschaft Köln von 1863): Die Bürgergesellschaft hat sich immer für kulturelle und gesellschaftliche Veranstaltungen interessiert. Das ist auch heute das Ziel der Gesellschaft. Als ich 1968 den Vorsitz übernahm, wollten wir in die Öffentlichkeitsarbeit. Wir haben drei kulturelle Highlights umgesetzt: Einmal haben wir eine Spendenaktion für die neue Domglocke, die Josephsglocke, gemacht; dann 1998 eine Spendenaktion für das Kardinal Frings-Denkmal und 2003 gingen die Überlegungen los, dass wir den gotischen Petrusbrunnen, der im Depot lag, wieder in das Stadtbild dieser Stadt zurückholen.

Als Vorsitzender habe ich damals lange mit der Domverwaltung, mit der Stadtverwaltung und mit der Roncalli-Gesellschaft verhandelt, erstens über die Kosten der Renovierung und der Aufstellung und zweitens über den Standort. Das hat fünf Jahre gedauert.

DOMRADIO.DE: Wie viel hat das Ganze gekostet?

Schmitz-Pranghe: Die Stadt hat einen Kostenvoranschlag gemacht. Heraus kamen 150.000 Euro, die Stadt hatte aber nur 80.000 Euro. Es brauchte also noch 70.000 Euro. Von der Bürgergesellschaft haben wir entschieden, mit einer Spendenaktion das fehlende Geld zu sammeln. Das war allerdings 2008/2009, in den Jahren der Finanzkrise. Da haben die Leute gesagt: "Wo lebt ihr eigentlich? Wir haben die Taschen zu." Deshalb war diese Spendenaktion ganz besonders schwierig.

DOMRADIO.DE: Man kann sich vorstellen, dass es schwierig war, die Leute nach Spendenaktionen für eine Glocke und ein Denkmal für Kardinal Frings zu motivieren, oder?

Michael Melles (1. Vorsitzender der Bürgergesellschaft Köln von 1863): Ich kann mich an eine Pressekonferenz erinnern – ich glaube, es war im Jahr 2009 –, in der wir uns als Bürgergesellschaft sozusagen geoutet haben, dass wir diese Spendenaktion machen wollen. Damals war ich schon erster Vorsitzender, noch jung im Amt. Ich muss ehrlich sagen, dass ich zu meinem Vorgänger gesagt habe, dass mir nervös ums Herz war. Doch siehe da, es war relativ schnell möglich, die Leute von dieser Aktion zu begeistern. Und wer heute über den Roncalliplatz geht, und das tue ich auch oft mit meinen Kindern, wird jeder feststellen: Mensch, dieser Brunnen ist etwas ganz Besonderes. Heute erfüllt es mich mit Freude und auch einem gewissen Stolz, dass wir das geschafft haben. Dieser tolle Brunnen sprudelt, weil wir uns dafür engagiert haben.

DOMRADIO.DE: Warum ist dieser Brunnen für Sie so besonders?

Melles: Erstmal sieht er toll aus. Er ist ein toller Ort, um sich mal hinzusetzen und über den Roncalli-Platz zu schauen, der sicherlich auch nicht gerade zu den Schönsten zählt. Aber mit diesem Brunnen haben wir ein Highlight gesetzt. Die Diskussion lief ja ziemlich lange darüber, wo der Brunnen hinkommt, der die letzten zehn Jahre einfach im Depot lagerte und fast in Vergessenheit geriet. Es war einfach eine Schande, dass dieser 1870 fertig gestellte Brunnen nur noch im Depot lagerte und gar nicht mehr zur Geltung kam. Deshalb freue ich mich, wenn ich ihn heute sehe. Es ist heute sehr windig, aber er sprudelt und die Touristen stehen davor und machen Fotos. Es ist für uns als Bürgergesellschaft einfach schön zu wissen, dass er auch in Zukunft noch zu sehen sein wird.

Schmitz-Pranghe: Ich darf ergänzen, wie viele Spender wir zusammen bekommen haben: Es waren insgesamt 148. Als die ersten Spenden hereinkamen – die kleinste Spende betrug 100 Euro –, habe ich mir schon ein bisschen Sorgen gemacht. Da kam ich auf die Idee, Firmen und Personen anzusprechen und zu sagen, wenn ihr ab 5.000 Euro spendet, kommt ihr mit eurem Namen auf die Kupferplatte, die vor dem Brunnen eingegossen wird. Das war der Renner. Wir hatten 14 Spender, die in dieser Größenordnung gespendet haben.

Am Ende haben wir sogar mehr Spenden zusammenbekommen – nicht nur 70.000 Euro sondern 97.000 Euro. Die Finanzierung haben wir pünktlich hingekriegt, aber in Köln läuft ja alles sehr langsam. Als man die Brunnengrube aushob stellte man fest, dass sich in vier Metern Tiefe eine Fundamentmauer vom bischöflichen Stadthalterpalais aus dem zehnten Jahrhundert nach Christus befand. Da war die Frage, lassen wir es drin oder holen wir es raus? Man hat sich entschieden, dass man es mit einem durchsichtigen Material übermantelt. So kann man heute mit einer Leiter heruntergehen.

DOMRADIO.DE: Wie schwer ist es, so eine Bürgergesellschaft heute aufrechtzuerhalten?

Melles: Da geht es uns sicherlich nicht anders als anderen Gesellschaften auch: Es wird immer schwieriger. Aber ich erinnere mich daran – ich glaube, es muss im Jahr 2002 gewesen sein – da war ich in Köln bei einer Firmenveranstaltung eingeladen und hatte vorher in der "Welt am Sonntag" einen Bericht gelesen über die Bürgergesellschaft Köln, die mir bis dahin gar nichts sagte. Erstaunlicherweise, denn ich war damals in Köln schon ziemlich aktiv. Ich las dort über die Verleihung eines "Ohrenordens", die mir überhaupt nichts sagte. Ich sprach den Gastgeber an und wir kamen ins Gespräch.

Wer Heinz-Otto Schmitz-Prange schon erlebt hat, der kann sich gut vorstellen, dass es keine zwei Wochen gedauert hat, da war ich im Vorstand der Bürgergesellschaft Köln. Ich muss auch sagen, ich hätte das für keine andere Gesellschaft getan, weil sich diese zwar etwas konservative, aber trotzdem nicht langweilige Gesellschaft extrem für Köln engagiert und man das unterstützen muss.

Wenn wir mal am Beispiel des "Ohrenordens" bleiben. Das ist eine tolle Idee von Heinz-Otto Schmitz-Prange und Kurt Ahrens, der leider vor wenigen Jahren verstorben ist. Man verleiht einmal im Jahr einen Orden in Form eines Ohres an eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, die sich besonders sozial engagiert und ein offenes Ohr für die Sorgen der Mitmenschen hat. Erster Preisträger war Hans-Dietrich Genscher. Dieser Orden hat auch tatsächlich die Form des Ohres von Genscher. In den vergangenen Jahren kamen sehr namhafte Preisträger hinzu, wie z.B. Kardinal Lehmann, Willibert Pauels, Frau Neven DuMont und viele mehr.

DOMRADIO.DE: Das sind jetzt alles die Sonnenseiten der Bürgergesellschaf. Wie sieht es denn hinter den Kulissen aus? Haben Sie überhaupt noch genug Leute, die mitmachen?

Melles: Na ja, wir haben eine veränderte Gesellschaft. Das stellen wir ja überall fest – bei unseren Kindern, in den Schulen und auch im Vereinsleben. Der Wille von Leuten, sich zu engagieren oder auch fest zu binden, geht immer weiter zurück. Gleichwohl gelingt es uns natürlich, Leute zu finden, die sagen: Das, was ihr macht, finden wir klasse. Da dienen auch solche Aktionen wie die Wiederaufstellung des Petrusbrunnens oder die Verleihung des "Ohrenordens". Es wird aber immer schwieriger, Spender zu finden, weil der Sinn dieses "Ohrenordens" ist, aus dem Reinerlös eine Spende an eine gemeinnützige Einrichtung zu tätigen, die der jeweilige Preisträger unterstützt. Wir haben, Gott sei Dank, treue Sponsoren, aber auch da wird es tatsächlich immer schwieriger.

DOMRADIO.DE: Was steht als nächstes auf dem Programm?

Melles: Wir widmen uns momentan vermehrt der Arbeit und Förderung, ich will es mal lasch nennen, von lebenden Projekten. Wir haben im letzten Jahr z.B. 2000 Kleidungsstücke über den Bürgerverein Porz einer gemeinnützigen Einrichtung zukommen lassen. Wir haben ein Kochprojekt für Jugendliche unterstützt.

DOMRADIO.DE: Es wird ja auch genügend honoriert. Die Kölner freuen sich mit Ihnen mit. Otto Schmitz-Prange hat auch das Bundesverdienstkreuz für sein Engagement bekommen. Ich danke Ihnen sehr für das Engagement und für den Brunnen – unserem Patenkind.

Das Interview führte Heike Sicconi.


Quelle:
DR
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