Bernard Fellay, seit fast einem Vierteljahrhundert Generaloberer der von Rom getrennten traditionalistischen Piusbrüder, wird am Donnerstag 60 Jahre alt. Im Sommer steht seine Wiederwahl für eine weitere zwölfjährige Amtszeit an.
Geboren am 12. April 1958 in Sierre in der französischen Schweiz, trat Fellay im Oktober 1977 mit 19 Jahren in das Traditionalisten-Seminar Sankt Pius X. im schweizerischen Econe ein. 24-jährig wurde er vom Gründer der Bruderschaft, Erzbischof Marcel Lefebvre, zum Priester geweiht.
Mit nur 36 Jahren zum Generaloberen der Piusbrüder
Durch die Bischofsweihe am 30. Juni 1988 durch Lefebvre zog sich Fellay wie seine drei Weihekollegen die Exkommunikation, also den Ausschluss aus der kirchlichen Gemeinschaft, zu. Seit seiner Priesterweihe für wirtschaftliche Belange der Gemeinschaft zuständig, wurde er 1994 mit nur 36 Jahren zum Generaloberen der Piusbrüder gewählt; 2006 verlängerte die Bruderschaft sein Mandat um weitere zwölf Jahre, bis Sommer 2018.
Papst Benedikt XVI. empfing Fellay im August 2005, wenige Monate nach seinem Amtsantritt, zu Gesprächen in Castelgandolfo. In der Aussöhnung mit dem Vatikan zeigte sich Fellay teils vermittelnd, teils kompromisslos. In den theologischen Gesprächen mit der vatikanischen Glaubenskongregation seit Sommer 2010 war er Wortführer der Piusbruderschaft, ohne jedoch immer vollen Rückhalt bei den traditionalistischen Hardlinern zu finden. Auch in der Amtszeit von Papst Franziskus seit 2013 steht ein Durchbruch der Gespräche weiter aus.
Zum Hintergrund
Die traditionalistische Priesterbruderschaft St. Pius X. wurde 1969 vom französischen Erzbischof Marcel Lefebvre (1905-1991) gegründet. Sie lehnt viele Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab. Streitpunkte sind vor allem Liturgie, Religionsfreiheit und Ökumene. Die Konzilslehren hätten die Tradition der Kirche zerstört, so Lefebvre, der selbst als Ordensoberer am Konzil teilnahm. Die Piusbruderschaft sieht sich als Bewahrerin der Tradition der "Heiligen Römischen Kirche".
Anfangs kirchlich anerkannt, zeigte sich die Piusbruderschaft zunehmend antikonziliar. 1975 entzog Rom ihr die kirchenrechtliche Zulassung. Nach unerlaubten Priesterweihen wurde Lefebvre 1976 die Ausübung seines Bischofsamts verboten. Indem er 1988 ohne päpstliche Zustimmung vier Priester seiner Bruderschaft zu Bischöfen weihte, zogen sich alle fünf die Exkommunikation zu. Die Weihen Lefebvres sowie die der von ihm Geweihten sind nach dem Kirchenrecht zwar unrechtmäßig, aber gültig.
Versöhnungsgeste
Papst Benedikt XVI. (2005-2013) ließ 2007 die alte lateinische Messe wieder allgemein zu und erfüllte damit eine Bedingung der Bruderschaft für die Aufnahme offizieller Gespräche. 2009 hob er als weitere Versöhnungsgeste die Exkommunikation der Bischöfe der Piusbruderschaft auf. Damit haben diese die Rechte katholischer Laien; die Ausübung kirchlicher Ämter ist ihnen aber weiter untersagt.
Seit Ende 2009 gab es im Vatikan mehrere Gesprächsrunden mit Vertretern der Bruderschaft über strittige Lehrfragen. Im September 2011 legte der Vatikan der Leitung der Piusbrüder eine "Lehrmäßige Erklärung" über grundlegende Glaubenslehren zur Unterzeichnung vor, von der eine mögliche Wiedereingliederung der Bruderschaft in die katholische Kirche abhängt. Im Frühjahr 2012 kam der Prozess ins Stocken.
Im September 2015 erklärte Papst Franziskus überraschend, er "vertraue darauf, dass in naher Zukunft Lösungen gefunden werden können, um die volle Einheit mit den Priestern und Oberen der Bruderschaft wiederzugewinnen".