Kritik an Todesstrafe für Vergewaltiger in Indien

Ein Ablenkungsmanöver?

Kirche und Menschenrechtler in Indien wenden sich gegen die Todesstrafe für Vergewaltiger von Kindern. Mit dieser "populistischen Forderung" wolle die Regierung davon ablenken, "dass ihre eigenen Anhänger ein Hassverbrechen begangen haben könnten."

 (DR)

Das sagte die Indienexpertin der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW), Meenakshi Ganguly, am Dienstag in Neu Delhi. Sollte die von der hindu-nationalistischen Partei BJP gestellte Regierung ernsthaft gegen Gewalt an Frauen und Kindern vorgehen wollen, müsse "sie die harte Aufgabe der Reform des Strafrechtssystems angehen und sicherstellen, dass Täter nicht durch politische Patronage vor der Strafverfolgung geschützt werden", sagte Ganguly.

Indiens Regierung hatte am Samstag einen Erlass zur Verhängung der Todesstrafe für die Vergewaltigung von Kindern unter zwölf Jahren auf den Weg gebracht. Bislang konnte höchstens die lebenslange Freiheitsstrafe verhängt werden. Damit reagierte die Regierung auf landesweite Proteste gegen Versuche von BJP-Politikern, im Bundesstaat Jammu und Kaschmir die mutmaßlichen hinduistischen Vergewaltiger eines acht Jahre alten muslimischen Mädchens vor der Verhaftung zu bewahren.

Außergewöhnliche Maßnahmen

Kritik gab es auch von Bhopals Erzbischof Leo Cornelio. "Zweifellos verlangen außergewöhnliche Situationen außergewöhnliche Maßnahmen", zitierte ihn der asiatische katholische Pressedienst Ucanews. Er bezweifle aber, dass die Todesstrafe für Vergewaltiger von Kindern einen gesellschaftlichen Einstellungswandel bewirken werde.

Indien zählt zu den Ländern mit der höchsten Zahl von Vergewaltigungsfällen weltweit. 2016 wurden nach Polizeiangaben 38.947 Vergewaltigungsfälle angezeigt. 6.091 Opfer waren den Angaben zufolge zwischen 12 und 16 Jahre alt, 1.596 zwischen sechs und zwölf, und 570 jünger als sechs Jahre alt. In drei indischen Bundesstaaten werden Vergewaltigungen seit Dezember mit der Todesstrafe geahndet.


Quelle:
KNA