Heiter und fröhlich stehen die zwei Frauen und der Mann da. Und es wirkt so, als ob der Herr gleich ein Tänzchen mit einer der Damen wagen will; zumindest hat er ihr schon die rechte Hand gereicht, die sie ihrerseits bereitwillig erfasst hat. Ja gibt es denn was zu feiern? Durchaus: Denn 25 Jahre ist es her, dass Renovabis, die Solidaritätsaktion der deutschen Katholiken für Osteuropa, gegründet wurde. Nicht nur die diesjährige Pfingstaktion, sondern das ganze Jubiläumsjahr steht unter dem Motto "miteinander. versöhnt. leben. - Gemeinsam für ein solidarisches Europa!"
Viel zu tun
Viel ist in diesen Jahren seit dem Fall des Eisernen Vorhang bereits passiert. Mit rund 715 Millionen Euro konnten fast 23.000 Projekte in 29 Ländern finanziert werden. Neben all dem Positivem, was erreicht worden sei, "bleibt auch noch viel zu tun, wenn wir miteinander versöhnt leben wollen", weiß Renovabis-Hauptgeschäftsführer Christian Hartl.
Getreu dem lateinischen Namen des Hilfswerks, das einem Psalm entnommen ist und übersetzt "Du wirst das Angesicht der Erde erneuern" bedeutet, vertraut er auf den Heiligen Geist. Dieser habe die Aktion von Anfang an inspiriert und werde hoffentlich auch daran mitwirken, dass weiter mit Ideenreichtum und Freude an einem Europa gebaut wird, das Menschen verbindet.
Die Not ist groß
Besonders im Blickfeld stand zuletzt die Situation in der Ukraine, gebeutelt von einem Krieg und seinen Folgen, der aus der aktuellen Berichterstattung verschwunden zu sein scheint. Doch die Not ist groß, und "wir als Kirche müssen eine Brücke sein für die Menschen", ist Stanislav Szyrokoradiuk überzeugt. Der Franziskaner und Bischof von Charkiw-Saporischschja ließ neben seiner Kathedrale vor zwei Jahren einen Container aufstellen.
Dort finden sich eine Suppenküche, eine Lebensmittelausgabe und ein medizinisches Zentrum für Bedürftige. Die katholische Kirche mag nur wenig Einfluss auf den Krieg haben, sie könne aber zur Versöhnung beitragen, so der Bischof.
"Meine Würde zurückbekommen"
Eine, die nach ihrer Flucht aus dem Osten des Landes mit ihren drei Kindern bei einer Caritas-Einrichtung in Charkiw anklopfte, war Marina Federchenko. Hier erhielt sie Geld, um ihrem Nachwuchs Sachen zum Anziehen zu kaufen. Geholfen wurde ihr auch mit einem Schlafplatz und Essen, vor allem aber: "Ich habe meine Würde zurückbekommen."
Und dazu zählte eine berufliche Perspektive. Die heute 39-Jährige musste ihr eigenes Reisebüro Donezk zurücklassen, heute hat sie einen Job als Sozialarbeiterin. Als eine, die selbst geflohen ist, hilft sie nun anderen Kriegsflüchtlingen.
"In einer normalen Stadt"
Der schwierigen deutschen Vergangenheit stellt sich Teresa Richter. Die 19-Jährige macht ein Freiwilliges Soziales Jahr an jemen Ort, der stellvertretend für den Holocaust steht: Auschwitz, das heutige Oswiecim. Bei ihrem Aufenthalt sei ihr klar geworden, dass das Verbrechen "in einer normalen Stadt" geschah. Teresa, so wie andere Freiwilige, arbeiten in der Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau daran mit, sich mit dem Nationalsozialismus auseinanerzusetzen. Sie führen deutsche Schülergruppen durch das ehemalige KZ, klären über die Nazi-Verbrechen auf und beteiligen sich an Jugendbegegnungen.
Die Basis des Christentums
Für die Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen hat sich ein Leben lang auch der frühere Bischof der Diözese Opole/Oppeln, Alfons Nossol, eingesetzt. "Das gegenseitige Verständnis und Gezwungensein, neben- und füreinander zu leben, nicht in Hass, sondern in Frieden, dies stärkt Europa und ist ein Gewinn für alle Staaaten", sagt der Erzbischof.
Ausschlaggebend sei heute, nicht gleich militärisch zu reagieren, sondern sich menschlich entgegenzukommen und gemeinsam Probleme zu lösen. Doch ein Europa ohne eine Seele, die auf der Basis des Christentums gründet, habe kaum Chancen zu bestehen. "Wenn wir zusammenhalten, dann könnte Europa auch eine Art Vorbild für die Welt werden, die nach Frieden schreit", so der Rat des 85-Jährigen.